Maria Pappa
Die digitale Plattform des «Weges der Vielfalt» steht ab sofort bereit.
"The Nüesch Sisters" werden am 25. Mai von der St.Gallischen Kulturstiftung mit dem Forderpreis für Filmschaffende ausgezeichnet.
Die Regisseurinnen Florine und Kim Nüesch – bekannt unter dem Namen «The Nüesch Sisters» – wurden von der St.Gallischen Kulturstiftung mit dem Förderpreis 2025 ausgezeichnet. Nun will das Geschwister-Duo seinen preisgekrönten Kurzfilm «Marriage Unplugged» weltweit auf Filmfestivals präsentieren.
Kultur Am 25. Mai vergibt die St.Gallische Kulturstiftung die Förderpreise 2025 in der Sparte Film. Sieben Filmschaffende aus St.Gallen und der Umgebung erhalten Auszeichnungen für ihr innovatives, ambitioniertes und leidenschaftliches Wirken. Der Förderpreis ist mit 10'000 Franken dotiert. Unter den Preisträgerinnen sind auch die Nüesch Sisters. Das St.Galler Regisseurinnen-Geschwister-Duo, Florine (34) und Kim Nüesch (32), hat sich mit der Produktion von Werbe-, Kurzfilmen und Musikvideos in der internationalen Filmszene innerhalb weniger Jahre einen Namen gemacht. «Wir schätzen die Unterstützung aus St.Gallen sehr. Schon unsere beiden Kurzfilmprojekte ‘Marriage Unplugged’ und ‘Forget Me Not’ wurden vom Kanton und der Stadt mit Beiträgen unterstützt. Da wir als freischaffende Filmemacher stets darauf angewiesen sind genug Projekteanfragen zu bekommen, bedeutet das Geld aus dem Förderpreis nicht nur Entlastung, sondern auch, dass wir uns wieder mehr auf unsere Spielfilmprojekte konzentrieren können», so Florine Nüesch.
Das Filmschaffen spielt im Leben der Nüesch Sisters schon seit ihrer frühen Kindheit eine Rolle. Bereits im Alter von neun und sieben Jahren schreiben, drehen und schneiden die beiden ihre ersten Filme zusammen. Mit der Unterstützung ihrer kunstaffinen Eltern – ihre Mutter war Malerin und Autorin, ihr Vater ist Architekt – vertiefen die Geschwister ihre Fähigkeiten bereits im jungen Alter. Ein Jahr nach dem Abschluss ihrer Matura 2010 entschliesst sich Florine Nüesch, am Art Center College of Design in Los Angeles ihr Filmstudium zu starten und ihre Leidenschaft fürs Filmschaffen weiter zu vertiefen. Ein Jahr später folgt ihr Kim nach. Nach dem erfolgreichen Abschluss des Studiums bleiben die Schwestern vorerst in LA, um ihr Filmhandwerk in Hollywood weiter zu verbessern. Insgesamt bleiben sie acht Jahre in Kalifornien. In Los Angeles realisieren die Nüesch Sisters 2018 auch ihr erstes grösseres Projekt, den Kurzfilm «Forget Me Not». Für den halb-autobiografischen Kurzfilm, der die Schwierigkeiten zweier kleiner Mädchen aufzeigt, die mit einer Mutter mit einer bipolaren Störung aufwachsen, wurden die Regisseurinnen 2018 am Young Director Award in Cannes mit dem zweiten und an den Schweizer Jugendfilmtagen 2019 mit dem ersten Platz ausgezeichnet.
Die Auszeichnungen bringen den Regisseurinnen nicht nur Anerkennung, sondern auch Aufträge. Im Sommer 2020 ziehen die beiden zurück in die Schweiz. Aufgrund des pandemiebedingten Einreiseverbots in den USA bleiben die Schwestern drei Jahre. «Das Einreiseverbot war für uns ein Zeichen, unser Kapitel in LA zu beenden. Wir waren seither nicht mehr dort», so Kim Nüesch. In den Jahren darauf folgen Werbeaufträge von grossen Auftraggebern wie «Schweiz Tourismus», «Die Mobiliar» oder «Vogue Italien». Seit zwei Jahren wohnen die Schwestern getrennt voneinander. Kim lebt in London, wo sie 2023 ihren Master in Drehbuchschreiben absolvierte. Florine wohnt in Zürich. Abgesehen von je einem Auslandaufenthalt in den USA während des Gymnasiums und dem einen Jahr, das Florine Nüesch früher nach LA für ihr Studium fuhr, haben die beiden Schwestern davor stets zusammengewohnt. «So lange waren wir noch nie voneinander getrennt. Wir sehen uns aber trotzdem sehr viel über Facetime und telefonieren oft mehrere Stunden am Tag. Wenn wir Dreharbeiten haben, sind wir zudem immer gemeinsam auf dem Filmset», so Florine Nüesch.
So zum Beispiel auch im Frühjahr 2024, als die Nüesch Sisters in London ihren Kurzfilm «Marriage Unplugged» drehen. Für den 15-minütigen Kurzfilm – ein Science-Fiction Comedy-Drama – erhalten die Schwestern am Leeds International Film Festival im November 2024 den ersten Preis. «Es ist immer schön, einen Preis zu gewinnen. Der Preis erhöht aber vor allem auch die Chancen, dass wir den Kurzfilm noch an weiteren Festivals präsentieren dürfen. Bislang wurde der Film erst in England ausgestrahlt. Wir hoffen nun, dass wir den Film in anderen Ländern – auch in der Schweiz – zeigen können», so Kim Nüesch. In den kommenden Wochen und Monaten werden sich die Nüesch Sisters mit «Marriage Unplugged» auf verschiedensten internationalen Festivals bewerben. Auch hierbei hilft ihnen der Beitrag aus der St.Gallischen Kulturstiftung, denn Festivaltouren sind für Filmschaffende mit hohen Kosten verbunden.
Seit Oktober 2024 sind die Nüesch Sisters bei der Produktionsfirma Creators Inc. unter Vertrag. Damit eröffnen sich für die Nüesch Sisters neue Möglichkeiten. «Creators Inc. ist spezialisiert auf die Produktion von Werbefilmen. Für uns war die Firma aber vor allem auch deshalb interessant, weil die meisten von ihren Regisseurinnen und Regisseuren auch in Fernseh- und Spielfilmproduktionen arbeiten. Da wir auch in diesem Bereich tätig sein wollen, passt die Firma sehr gut zu uns», so Kim Nüesch. Das Ziel, Spielfilmregisseurinnen zu werden und dabei die eigenen Drehbücher umzusetzen, verfolgen die Nüesch Sisters schon lange. An einigen ihrer Drehbücher arbeiten die Schwestern seit über fünf Jahren. Zweifel, ob sie ihre Ideen eines Tages in die Tat umsetzen können, haben sie keine. «In unserer Branche braucht man vor allem Geduld, da es lange dauern kann, bis man für ein Projekt eine Zusage erhält. In solchen Situationen muss man hartnäckig bleiben. Wir haben aber grosse Hoffnung, dass wir in den nächsten zwei bis drei Jahren eine unserer Drehbuchideen umsetzen können», so Florine Nüesch. Die Drehbuchideen der Nüesch Sisters sind sehr vielfältig. Obschon es kaum Gemeinsamkeiten zwischen den einzelnen Filmen und Drehbuchideen der Nüesch Sisters zu geben scheint, verbindet die Werke eines: Zwischenmenschliche Konflikte. «Das grosse Spektakel ist nicht das, was uns interessiert. Was uns fasziniert, ist die Innenwelt eines Individuums. Selbst wenn wir einen Kriegsfilm schreiben würden, würden wir den Fokus wohl eher auf individuelle und zwischenmenschliche Konflikte legen als auf den Krieg als Ganzes», so Kim Nüesch.
Selim Jung
Lade Fotos..