Ursula Forrer
feierte mit der Stiftung Zeitvorsorge das 10-Jahres-Jubiläum.
Die Stadtpolizei St.Gallen möchte die psychische Gesundheit ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter stärken. Nun entwickelt sie in Zusammenarbeit mit dem Kompetenzzentrum für psychische Gesundheit der Fachhochschule OST eine Webapplikation zur Identifikation potenzieller Belastungsfaktoren.
Forschung Die Stadtpolizei hat eine Zusammenarbeit mit der Fachhochschule OST lanciert. Ziel der Kooperation ist es, Unterstützungsmassnahmen zu entwickeln, um das Wohlbefinden und die Leistungsfähigkeit der Mitarbeitenden zu fördern und somit die psychische Gesundheit der Mitarbeitenden zu stärken. «Nationale Umfragen mit Polizistinnen und Polizisten haben gezeigt, dass psychische Gesundheit ein Aspekt ist, der in den letzten Jahren immer wichtiger geworden ist. Dies ist nicht überraschend, wenn man bedenkt, dass der Beruf der Polizistin oder des Polizisten psychisch sehr belastend sein kann», sagt Roman Kohler (41), Leiter Kommunikation der Stadtpolizei St.Gallen. Um den Zustand der psychischen Gesundheit bei der Stadtpolizei zu eruieren, soll in den nächsten Monaten gemeinsam mit dem Kompetenzzentrum für psychische Gesundheit, dem Institut für soziale Arbeit und Räume (IFSAR) und dem Institut für Modellbildung und Simulation (IMS) das Wohlbefinden der Polizistinnen und Polizisten unter die Lupe genommen werden. Dazu wird sich das Kompetenzzentrum für psychische Gesundheit zunächst mit einem umfangreichen, anonymisierten Fragebogen einen Überblick über die psychische Gesundheit bei der Stadtpolizei verschaffen. Auf der Grundlage der dabei gesammelten Daten wird schliesslich eine Webapplikation, die im Rahmen eines anderen Projekts des IFSAR und des IMS entstand, modifiziert und spezifisch auf die Bedürfnisse der Polizei zugeschnitten. Die Applikation wird es Mitarbeitenden künftig ermöglichen, die eigene psychische Gesundheit zu überwachen sowie anonym Beratung zu erhalten.
«Die psychische Gesundheit unserer Mitarbeitenden hat für uns höchste Priorität. Als die Fachhochschule mit dieser Idee an uns gelangte, hielten wir es daher für sinnvoll, mitzumachen», sagt Kohler. Gerade zum Beispiel im Zusammenhang mit dem Generationenwandel habe man festgestellt, dass psychische Gesundheit vermehrt thematisiert werde und man als Polizei vor gewissen Herausforderungen stehe. Deshalb müsse die Polizei ihrer wertvollsten Ressource, den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, diesbezüglich besonders Sorge tragen. «Wir können vom Projekt nur profitieren. Selbst wenn die Applikation entgegen den Erwartungen ein Misserfolg wird und kaum jemand sie anwendet, wäre das für uns positiv, da wir dann wüssten, dass wir keinen akuten Handlungsbedarf haben», so Kohler. Polizistinnen und Polizisten sind überdurchschnittlich oft hoher Belastung ausgesetzt, weiss Manuel Stadtmann (36), Leiter Kompetenzzentrum für psychische Gesundheit an der Fachhochschule OST. Die Bewältigung von Notfällen, Gewaltereignissen oder anderer Stresssituationen könne einen grossen Einfluss auf die psychische Gesundheit haben. «Aus der Fachliteratur wissen wir, dass die Häufigkeit von stressassoziierten Belastungsformen und affektiven Belastungen bei Polizistinnen und Polizisten mehr als doppelt so hoch ist wie in der Allgemeinbevölkerung», so Stadtmann. Obschon man bei der Stadtpolizei kein akutes Problem mit der psychischen Gesundheit seiner Mitarbeitenden habe, sei es notwendig, frühzeitig Massnahmen zu ergreifen. «Es ist am sinnvollsten, etwas für die Gesundheit zu machen, wenn man noch gesund ist; mit dem Ziel gesund zu bleiben. Erst dann aktiv zu werden, wenn etwas nicht mehr in Ordnung ist, wäre falsch», so Kohler.
Bereits heute unterstützt die Stadtpolizei seine Mitarbeitenden nach belastenden Einsätzen mit einem Peersupport, wobei eigens dafür ausgewählte Polizistinnen und Polizisten ihren Kollegen für Gespräche zur Verfügung stehen. Zudem besteht die Möglichkeit bei Bedarf eine externe psychologische Beratung bei einer Psychotherapeutin oder einem Psychotherapeuten in Anspruch zu nehmen. Mit der neuen Applikation sollen die bestehenden Strukturen unterstützt werden. «Psychische Gesundheit ist nach wie vor ein Thema, das stigmatisiert ist. Solche Beratungsangebote werden deshalb leider nicht oft in Anspruch genommen. Mit der Webapplikation sollen alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter künftig die Möglichkeit haben, anonym über einen individuellen Zugang solche Angebote zu nutzen», erklärt Stadtmann. Neben der Erstellung eines praktisch anwendbaren Tools hat das Projekt noch ein weiteres Ziel. Mit der Befragung von Polizistinnen und Polizisten sollen Daten über die psychische Gesundheit bei der Polizei erhoben werden. «In der Schweiz wurde bislang nur wenig zur psychischen Gesundheit der Polizeimitarbeitenden geforscht. Letzte grosse Untersuchungen diesbezüglich sind bereits über 14 Jahre alt. Unser Ziel ist es also auch, aktuelle Daten diesbezüglich zu sammeln», so Stadtmann. Das Projekt sei gut angelaufen. Dies liege vor allem an der guten Kooperation seitens der Stadtpolizei, «die keineswegs selbstverständlich ist», wie Stadtmann betont. Voraussichtlich im Sommer 2025 soll das Projekt abgeschlossen und die Applikation in Betrieb genommen werden.
Selim Jung
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