Ramona Fiore
kämpft gegen das Aussterben der einheimischen Schmetterlinge.
Initiativkomitee "Klimaschutz-Gesetz JA"
Am Donnerstag informierte das kantonale Initiativkomitee «Klimaschutz-Gesetz JA» an einer Medienorientierung über die Grundzüge und Vorteile des Klimaschutz-Gesetzes. Über die Vorlage stimmt die Schweizer Stimmbevölkerung am 18. Juni ab.
Volksabstimmung Die Gletscher schmelzen. Die Skigebiete kämpfen mit immer kürzer werdenden und schneeärmeren Wintern. Extreme Wetterereignisse wie Überschwemmungen, Trockenperioden oder Waldbrände kommen immer häufiger vor. Die Zeichen, dass auch die Schweiz vom Klimawandel betroffen ist, könnten nicht deutlicher sein. Nicht nur das: Die Schweiz ist vom Klimawandel überproportional stark betroffen, vergleicht man international. Seit der Industrialisierung hat sich das Klima weltweit durchschnittlich um rund 1,2 Grad erwärmt. In der Schweiz beträgt die Erwärmung 2,5 Grad.
«Das vorliegende Bundesgesetz über die Ziele im Klimaschutz, die Innovation und die Stärkung der Energiesicherheit hat eine turbulente parlamentarische Entstehungsgeschichte hinter sich», sagt Nationalrat Nicolo Paganini zu Beginn der Pressekonferenz des St.Galler Initiativkomitees zur Vorlage des Klimaschutzgesetzes. Ausgangspunkt für die jetzige Vorlage ist die Gletscherinitiative, welche das Netto-Null-Ziel 2050 und das Verbot fossiler Energieträger in die Verfassung schreiben will. Der Bundesrat lehnte diese Initiative jedoch ab und beantragte einen direkten Gegenvorschlag. Dieser sollte im Gegensatz zur Gletscherinitiative kein absolutes Verbot fossiler Energieträger beinhalten. Die neue Vorlage ist eine Kombination aus Klima-Rahmengesetz und Instrumenten zur Förderung der Innovation sowie des Ausstiegs aus fossil betriebenen sowie ortsfesten Widerstandsheizungen. Das Ziel des Klimaschutzgesetzes ist nach wie vor die Erreichung und Festsetzung des Netto-Null-Klimaziels bis 2050, womit auch dem Pariser Klimaübereinkommen vom 12. Dezember 2015 Rechnung getragen würde. Zu den konkreten Massnahmen gehören unter anderem die gesetzliche Verankerung von Richtwerten für Gebäude, Verkehr und Industrie, die Förderung neuartiger Technologien und Prozessen und die Unterstützung von Unternehmen, die konkrete Bestrebungen für die Netto-Null-Ziele bis 2029 ausarbeiten. Ebenfalls soll das Gesetz Bestimmungen zu den Themen «Anpassung an Schutz vor dem Klimawandel», «klimaverträgliche Ausrichtung der Finanzflüsse» und «Vorbildfunktion von Bund und Regierung» enthalten.
In der Schweiz sind wir noch immer stark von fossilen Energien aus dem Ausland abhängig. Der Gegenvorschlag sieht daher auch einen Ausbau der einheimischen Stromproduktion – mit Solarenergie, Wind- und Wasserkraft – vor. Ruedi Blumer, SP-Kantonsrat, sagt: «Damit befreien wir uns von der Abhängigkeit von Preisschwankungen und autoritären Regierungen und erhöhen unsere Energiesicherheit. Studien zeigen zudem, dass Anstrengungen zur Dekarbonisierung von Unternehmungen mit positiven finanziellen Ergebnissen korrelieren.» Gegner der Initiative befürchten hingegen, dass durch die Umstellung von fossilen Energien auf Erneuerbare der Strombedarf massiv steige und dadurch eine Strommangellage entstehe. Blumer sagt dazu: «Das ist schlichtweg nicht wahr.» Das Klimaschutz-Gesetz soll auch für private Haushalte Vorteile haben. «Das Impulsprogramm, das im Gesetz verankert ist, unterstützt Hauseigentümerinnen und Hauseigentümer darin, fossile und widerstandselektrische Heizungen zu ersetzen oder ihr Haus energetisch zu sanieren», so Andrin Monstein von der GLP St.Gallen. Über zehn Jahre sollen hierfür jedes Jahr 200 Millionen Franken zur Verfügung gestellt werden.
Was ein ungebremster Klimawandel auf lange Sicht kosten würde, sei schwierig zu errechnen. Diverse wissenschaftliche Studien kommen jedoch zum Schluss, dass durch Nichthandeln massive Kosten entstünden – laut Bund bis zu 38 Milliarden Franken bis 2050. Susanne Hartmann, Regierungsrätin und St.Galler Bau- und Umweltdirektorin, sagt: «Die volkswirtschaftlichen Kosten für Klimaschutzmassnahmen fallen deutlich geringer aus. Nichts gegen eine ungebremste Erderwärmung zu tun, ist daher keine Option.» Der Kanton will dem Klimawandel daher auf zwei Arten begegnen. Einerseits möchte man anpassungsfähiger werden. Dazu wurden 21 Massnahmen zur Gefahrenprävention und Risikoerkennung erarbeitet. Andererseits soll der CO2-Ausstoss bis 2030 halbiert werden. «Die Schweiz trägt eine besondere Verantwortung im Klimaschutz. Obwohl wir ein kleines Land sind, zählen wir pro Kopf zu den grössten Verursachern von CO2 Weltweit», erklärt Kantonsrat Daniel Bosshard. Pro Jahr verursacht jede Schweizerin und jeder Schweizer 14 Tonnen CO2. Der weltweite Durchschnitt liegt bei sechs Tonnen. «Die Schweiz muss endlich Verantwortung übernehmen», so Bosshard.
Nationalrätin Susanne Vincenz-Stauffacher betont die Wichtigkeit der Wirtschaft im Bezug auf die Erreichung der Klimaziele: «Die Schweizer Wirtschaft ist sich ihrer Verantwortung bei der Bekämpfung des Klimawandels bewusst. Alle grossen Wirtschaftsverbände – abgesehen vom schweizerischen Gewerbeverband – haben eine JA-Parole zu dieser Vorlage gefasst.» Über 4000 Firmen aus den Bereichen Industrie und Dienstleistungen würden mit den Zielvereinbarungen der Energie-Agenturen der Wirtschaft daran arbeiten, ihre Energie- und Ressourceneffizienz kontinuierlich zu steigern und damit ihren ökologischen Fussabdruck auch in Zukunft zu reduzieren. Ein Problem, das weiterhin bestehe, seien jedoch die Emissionen, welche bei der Produktion und beim Transport von ausländischen Gütern entstehen, die in die Schweiz importiert werden. «Für Schweizer Unternehmen ist es daher äusserst wichtig, dass sie flexibel bleiben können und nach ihren individuellen Voraussetzungen Emissionen reduzieren können – ohne Zwänge und auch über Investitionen im Ausland. Das ist mit dem Gegenvorschlag möglich», sagt Vincenz-Stauffacher.
«Der Weg, den wir mit dem Klimaschutz-Gesetz einschlagen, ist pragmatisch und hat ein klares Ziel für das Jahr 2050. Entgegen den Behauptungen der Opposition enthält die Vorlage keine Verbote und keine neuen Abgaben», so Nationalrat Nicolo Paganini. Bundesrat und Parlament haben sich bereits für das neue Gesetz ausgesprochen. Der Nationalrat hat der Vorlage mit 139 zu 51 Stimmen bei zwei Enthaltungen zugestimmt und auch der Ständerat befürwortet die neue Vorlage mit 38 zu vier Stimmen bei drei Enthaltungen. Ob die Vorlage angenommen wird, entscheidet das Stimmvolk am 18. Juni an der Urne. Nationalrätin Susanne Vincenz Stauffacher sagt: «Es geht nicht nur darum, die Leute vom Klimaschutz-Gesetz zu überzeugen. Es geht jetzt vor allem auch darum, die Leute zu mobilisieren und an die Urne zu bringen.»
Selim Jung
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