Gabriela Eberhard
hat eine Interpellation zur Befalggung der Stadt zur Pride 2025 eingereicht.
Seit dem 14. August betreibt die Primarschule Boppartshof im Menzlen-Wald den ersten öffentlich geführten, städtischen Waldkindergarten. Nach gut 100 Tagen ziehen das Waldkindergarten-Team und die Schulleitung Bilanz.
Bildung Der Waldboden ist durch den leichten Nieselregen matschig geworden. Der schmale, steile Pfad, der zur Lichtung im Menzler-Wald führt, auf der der Waldkindergarten der Primarschule Boppartshof sein Lager aufgeschlagen hat, ist äusserst rutschig. Man muss aufpassen, dass man nicht bäuchlings in den Dreck stürzt. «Die Feuerstelle hier war schon vorher da. Die nutzen wir, um zu kochen. Wir halten uns aber mehrheitlich da drüben auf, wo wir etwas versteckter sind», sagt Simone Burtscher (51), Waldpädagogin und Kindergärtnerin, als wir die Lichtung erreichen und deutet auf das kleine Lager knappe 20 Meter entfernt. Die Temperaturen liegen um den Gefrierpunkt. Der einzige Witterungsschutz ist eine Plastikplane, die bei Bedarf über dem kreisförmigen, etwa 50 Zentimeter hohen Windschutz aus Ästen und Zweigen aufgespannt werden kann. Die Toilette ist ein kleines Camping-WC. Gespült wird mit Sägemehl. Zum Händewaschen steht ein Eimer mit Wasser und einem Stück Seife parat. Fliessendes Wasser oder Strom gibt es nicht. Den Kindern macht es nichts aus. Sie lachen.
«Es ist erstaunlich, wie schnell sich die Kinder an den Wald gewöhnt haben. Dreck, Nässe und Kälte machen ihnen nichts aus. Ich habe sogar das Gefühl, sie sind bereits viel leichtfüssiger im Wald unterwegs», so Burtscher. Seit Mitte August gehen die Vier- bis Fünfjährigen viermal die Woche unter der Aufsicht der beiden Waldkindergärtnerinnen Simone Burtscher und Damaris Tobler (43) in den Wald,
und zwar auch dann, wenn es regnet oder schneit. Nur wenn es stürmt, die Temperaturen deutlich unter null Grad fallen oder Forstarbeiten in der Nähe getätigt werden, bleiben auch sie drinnen. Im Wald lernen die Kinder spielerisch und entdecken täglich Neues. Kleine Tiere wie Käfer, Würmer, Spinnen oder Frösche sind besonders interessant und werden zur Begutachtung auch gerne in die Hand genommen. «Kinder erleben bei uns die Natur und die Jahreszeiten am eigenen Leib. Ich glaube dadurch vertieft sich das Erlernte», sagt Burtscher. Tobler hat inzwischen alle Kinder versammelt und verteilt Steine, die sie im Feuer heiss gemacht hat, um die Hände zu wärmen. «Können wir diese Steine nun einfach in die Hand nehmen?», fragt Tobler in die Runde. «Nein, dann verbrennt man sich», rufen die Kinder zurück. Tobler steckt die Steine in kleine, gehäkelte Säckchen und verteilt Sie. Die Kinder erlernen praktisches Wissen. So hat ihnen Burtscher zum Beispiel beigebracht, dass man gewisse Sträucher auch als Zunder benutzen kann, wenn sie nass sind, und Damaris Tobler hat ihnen gezeigt, wie man aus Harz eine wärmende Salbe herstellt. «Es ist nicht nur praktisches Wissen, das sie erlernen. Auch ihr Bewusstsein wird geschärft. Da wir sämtliches Wasser selbst hier hoch transportieren müssen, lernen Sie zum Beispiel, dass fliessendes Wasser keine Selbstverständlichkeit ist und man sparsam mit Wasser umgehen muss», so Tobler. Auch Fähigkeiten wie Rücksichtnahme und Hilfsbereitschaft würden durch die widrigen Bedingungen im Wald gestärkt, sagen die Pädagoginnen. Zudem wecke der Wald die Neugierde der Kinder auf natürliche Art und Weise und lade zum Entdecken ein.
«Das Feedback der Eltern ist sehr positiv. Sie zeigen sich dankbar für das Engagement und das pädagogische Geschick unserer Waldkindergärtnerinnen», sagt Schulleiterin Romana Müller (50) und fügt an, «es gibt Eltern, denen ist es ein Anliegen, dass ihre Kinder in dieser Umgebung lernen können. Dass es nun erstmals ein städtisches Angebot gibt, das auch kostenlos ist, finde ich sehr wichtig.» Entscheidend sei auch, dass die Eltern den Pädagoginnen vertrauen können, denn im Wald lauern auch Gefahren, wie zum Beispiel Zeckenbisse. Ein Erste-Hilfe-Set haben die Kindergärtnerinnen daher immer dabei und auch Ambulanz und Polizei sind über den Standort des Kindergartens informiert. In der aktuellen Klasse sind elf Kinder, neun davon sind Mädchen. Das freut die beiden Kindergärtnerinnen
ausserordentlich: «Ich war sehr überrascht als ich hörte, dass sich neun Mädchen für den Waldkindergarten angemeldet haben, habe mich aber total gefreut. Ich finde es schön, dass das Klischee widerlegt wurde, der Wald sei eher etwas für Jungen», so Tobler. Das neue Angebot scheine auf immer mehr Interesse zu stossen. Für den Eltern-Schnuppermorgen vom 4. Dezember hätten sich bereits 17 Personen angemeldet und vier Kinder seien sogar schon für das kommende Jahr angemeldet. «Es war nicht selbstverständlich, dass wir dieses Projekt umsetzen konnten. Unser Ziel ist es daher in erster Linie, den Waldkindergarten weiterführen zu können. Über einen Ausbau machen wir uns momentan noch keine Gedanken. Sollte das Interesse aber immer weiter steigen, würden wir uns das sicher nochmals anschauen», so Schulleiterin Müller.
Selim Jung
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