Wo sich alle Jahrgänge wohl fühlen
FÜNF JAHRE TREFFPUNKT HAGGEN: Mit einem vielfältigen Angebot
Es ist ein Anliegen der St.Galler Quartierentwicklung, Treffpunkte und Begegnungsorte in den Quartieren zu fördern. Erfreulicherweise sind verschiedenenorts Stadt auf Initiative engagierter Quartierbewohnerinnen und –bewohner Treffpunkte entstanden, die von Freiwilligen geführt werden. Einer, der besonders vielfältige Aktivitäten entwickelt hat, ist der Treffpunkt Haggen.
Gerade weil immer häufiger „Quartier-Lädeli" schliessen und Restaurants aus wirtschaftlichen Gründen schliessen müssen, steigt die Bedeutung solcher Begegnungsorte stark. Sie stellen einen wichtigen Beitrag gegen die Vereinsamung dar. Dabei zeigt sich, dass vor allem für ältere Menschen in städtischen Gebieten eine Hemmschwelle zu überwinden ist, einen Begegnungsort aufzusuchen. Daher sind gute Kontakte zu Nachbarn wichtig, um Menschen den Wert der Geselligkeit nahezubringen. Auch beim Treffpunkt Haggen, der heute ein höchst vielfältiges Programm für alle Quartierbewohnerinnen und –bewohner bietet und sehr gut besucht ist, verlief der Start vor fünf Jahren eher harzig. Es brauchte Hartnäckigkeit und Durchhaltewillen, um genügend Interesse für das Angebot zu wecken. Heute aber ist das Interesse recht gross und der Quartiertreff kann in jeder Hinsicht seine Funktion erfüllen.
Fünf Jahre Aufbauarbeit
Edith Buschor, die heute zusammen mit Bruno Brülisauer das Co-Präsidium innehat, hat mit uns zurück auf die Geschichte der ursprünglichen Cafeteria Treffpunkt-Haggen geblickt: Vor gut zehn Jahren wurden die ersten Wohnungen in der Siedlung „Boppartshof" bezugsbereit. Die Siedlung war geplant für Senioren, Ehepaare, Familien und Singles. Als Abschluss war ein Block mit „begleitetem Wohnen" vorgesehen. Doch das Interesse fehlte. Da aber Edith Buschor seit 45 Jahren das Quartier kennt und auch weiss, dass einige Paare nur wegen der Möglichkeit der Inanspruchnahme des „begleiteten Wohnens" hier her gezogen waren, fasste sie den Entschluss, einen Versuch mit einer Cafeteria und einem Mittagstisch-Angebot zu starten. Sie organisierte eine Zusammenkunft und es konnte ein Trägerverein gegründet werden. Aus jedem Block wurde eine Bezugsperson bestimmt, welche zugleich den Vorstand bildete. Die Mitglieder- und Sponsorensuche waren die nächsten Aktionen. Heute zählt der Verein immerhin 70 Mitglieder.
Für alle Altersgruppen
Vor fünf Jahren wurde dann mit einem „Tag der offenen Türe" die Cafeteria und wenige Tage später wurden die ersten Mittagessen serviert. Die Idee allerdings, einen Treffpunkt für Senioren zu schaffen, wurde revidiert. „Obwohl bei der ersten Umfrage viel Interesse am Projekt gezeigt wurde, liessen uns die Senioren anfänglich im Stich", erinnert sich Edith Buschor. Daher wurde eine generationenübergreifende Lösung für alle Jahrgänge gesucht und gefunden. Vor allem junge Familien fanden den Weg in den Treff, in dem sich auch eine bei den Kindern sehr begehrte Spielecke befindet. Es wurden denn auch sofort regelmässige Vater-Kinder-Tage auch mit Besichtigungen sowie Kurse aller Art von Erziehung über Naturmedizin und Kochen bis zu Dekorieren organisiert. Ein Sponsorenlauf für die Kleinen war sehr erfolgreich. Junge Mütter und Väter treffen sich jeden Donnerstag mit ihren Kindern zum Znüni-Treff. Alle zwei Wochen findet ein Märchennachmittag statt. Jeden Freitag wird die Quartierbevölkerung zum Mittagessen eingeladen. Jeden Monat gibt es einen Mittagstisch für Witwer und einen Witwennachmittag. Dazu kommt ein grosses Sommerfest mit Familienplausch, der jeweils sehr rege besucht wird. Im Advent werden ein grosser Quartiersadventskranz erstellt und besinnliche Abende abgehalten. Der Besuch des Samichlauses und ein Weihnachtsbuffet kurz vor dem grossen Fest fehlen ebenfalls nicht. Inzwischen ist auch die ältere Generation regelmässig anzutreffen und das Zusammenwirken der verschiedenen Altersguppen läuft problemlos, wie wir am Mittagstisch mit einem viergängigen Menü zu nur 13 Franken miterleben konnten. Das Essen wird jeweils vom Evangelischen Pflegeheim Bruggen bezogen. Manches ist in Prüfung, denn dem Vorstand sind die Ideen alles andere als ausgegangen.
Einige Finanzsorgen
Mit den Beiträgen der heute rund 70 Mitglieder und den verrechneten Kosten an die Besucherinnen und Besucher kann der Betrieb nicht finanziert werden, ist doch zum Beispiel auch eine Miete für die Zweizimmer-Wohnung an der Haggenstrasse 56 zu entrichten, die sich sehr gut für den Betrieb eignet. Der Treffpunkt Haggen ist deshalb auf Spenden angewiesen. So hat die Ortsbürgergemeinde Straubenzell sofort geholfen, und es ist zu hoffen, dass nach der Fusion die Ortsbürgergemeinde über ihren Spezialfonds für Straubenzell weiterhin Beiträge leistet. Die Versicherungskasse des Kantons St.Gallen kommt als Hausbesitzerin beim Mietzins etwas entgegen. Heute ist aber festzustellen, dass trotzdem Geld fehlt. Es wird versucht, jährliche Unterstützungs-Beiträge von gemeinnützigen Institutionen zu erhalten, doch eine selbsttragende Lösung ist noch nicht definitiv erreicht. Nur dank der Auflösung einer Rückstellung weist die Vereinsrechnung 2013 einen Überschuss aus. Die Suche nach Sponsoren hat sich aber als schwierig erwiesen. Einmalige Projekte oder Investitionen werden von Stiftungen etc. unterstützt, nicht aber ein laufender Betrieb. Verschiedene anfallende Kosten können durch Spenden von Teilnehmenden (auch beispielsweise bei Besichtigungen) gedeckt werden. Dagegen ist die Deckung der Basiskosten (Miete) schwierig. Alle Mitarbeitenden erbringen ihre Leistungen völlig ehrenamtlich, wenn sie auch monatlich etliche Arbeitsstunden erfordern, ja, sogar Spesen werden kaum je verrechnet. Das geht nach Edith Buschor wohl während der Einführungszeit, die noch nicht als ganz abgeschlossen erachtet wird, nicht aber auf Dauer.
Zuversichtlich
Die Führungscrew hatte sich vorgenommen, das Projekt zunächst während drei Jahren durchzuziehen und dann über den Fortbestand oder das Ende zu entscheiden. „Wir sind überzeugt, mit unserem Projekt so etwas wie eine Vorreiterrolle übernommen zu haben", erklärt Edith Buschor. „Es ist noch nie etwas fixfertig vom Himmel gefallen. Wenn wir aber sehen, was sich in den letzten fünf Jahren in Sachen Begegnung alles entwickelt hat, blicken wir zuversichtlich in die Zukunft."
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