Spelteriniplatz erwacht aus dem Dornröschenschlaf
Von Assunta Chiarella
St.Gallen Regula Geisser betrachtet ihr Modell des neuen Spelteriniplatzes auf dem Tisch des Architekturbüros. Es sieht vielversprechend aus und vermittelt auf den ersten Blick eine klare Struktur mit einem Hauch von Leichtigkeit. Auf dem angefertigten Modell stehen bereits etliche kleine Bäume, die einen natürlichen Vegetationsring bilden. Mit der Aufwertung des jahrhundertealten Platzes geht für die junge Architektin ein Kindheitstraum in Erfüllung: «Die Idee dazu entstand aufgrund eines Missstandes, den ich seit meiner Kindheit erlebe und mit anderen Bewohnern als Lebensqualitätsminderung wahrnehme.» Gehe hingegen etwas qualitativ Hochwertiges auf dem Platz vonstatten, wie beispielsweise der Zirkus Knie, erwecke dies das Gefühl, dass der Platz würdig genutzt werde. Doch wenn Autos darauf parkieren würden, entstehe das Gefühl: «Dass ein innerstädtischer Platz mit einer solch unwürdigen Nutzung einem verlorenen Gut gleichkommt», bemängelt Regula Geisser.
Tiefgaragen nicht ausgelastet
Die Architektin ist überzeugt, dass eine Qualitätssteigerung des Spelteriniplatzes unter Beibehaltung der bisherigen Anlässe wie Zirkus, Olma und Offa durchaus möglich sei, vorausgesetzt: «Dass auf eine gewisse Anzahl Parkplätze verzichtet wird.» Die Platzaufwertung bedeute keineswegs eine Kampfansage gegen die rund 150 Parkplätze: «Natürlich ist es eine provokative These, wenn ich sage, dass über die ganze Tageszeit hindurch nur ein Drittel der Parkplätze belegt ist und am Abend ein Fünftel, bis ein Zehntel. Daher die gähnende Leere über die Sinnlosigkeit dieses Platzes.» Sie sei keine Autofahrerin, aber auch kein Autofeind: «Ich beobachte lediglich, wie Tiefgaragen nicht ausgelastet sind und hochwertige Plätze, wie der Spelteriniplatz nur minim benutzt werden.»
Hinzu kommt ein weiterer wichtiger Aspekt: «Das Schulhaus, das über einen sehr mageren Vorbereich für Kinder verfügt, während Autos so viel Platz in Anspruch nehmen, was in keinem Verhältnis steht», betont Geisser und fügt an: «Weiters hat man dort eine Betonwand erstellt, aus Angst, dass die Kinder überfahren werden.»
Diese Platzaufwertung birgt somit auch die Chance, dass den Kindern mehr Spiel-und Bewegungsraum zur Verfügung steht, ohne Gefahrenpotenzial. Die Architektin verweist auf weitere Schutzmassnahmen, wie natürliche Häuserlinien mit einem Vier Meter Abstand für Autos, mit Zahlautomaten vor den Schulküchen. Hinzu kommt eine Barriere mit einem klar geregelten Ein-und Ausgang. In der Praxis bedeutet dies: «Eine bedürfnisgerechte Reduzierung der Parkplatzanzahl sowie eine Lenkungs-und Sicherheitsmassnahme; das sind Argumente, die für dieses Quartier sprechen.»
Baumring als natürliche Grenze
Umgesetzt werden soll das Ganze mit einem Vegetationsfilter wie Geisser anhand des Modells erläutert: «Rund um den Platz wird ein Baumring erstellt, mit hochstämmigen Bäumen. Zudem wird beim Museumsquartier eine wichtige Zugangsstrasse freigelegt, was auch für die Struktur des inventarisierten Museumsquartiers eine Aufwertung bedeutet.»
Entsprechend begrüsst der Heimatschutz mit Präsidentin Kathrin Hilber das Projekt. Wie aus den Plänen von 1848 hervorgeht, war der Spelteriniplatz ursprünglich als Überbauungsfläche gedacht, daher die unverhältnismässige Ausdehnung, so Geisser: «Mit dem Vegetationsring, rund um den Platz wird auch dem Gesundheitsaspekt Rechnung getragen, durch qualitativ bessere Luft und weniger Aufheizung im Sommer.»
Die Kontaktaufnahme mit Stadtingenieur Beat Rietmann habe bereits stattgefunden und im Laufe dieses Sommers werden sich die Projektverantwortlichen zu einem erneuten Beratungsgespräch treffen. Konkret «am 30. Juni», lässt Rietmann vorerst verlauten.
Läuft alles nach Plan, soll die Bauphase im Jahr 2018 starten. Geisser ist optimistisch, zumal sie von vielen Seiten Zuspruch erhalten habe: «Wir können mit wenigen Mitteln innert kurzer Zeit viel bewirken, indem durch die Platzoptimierung das Stadtbild sinnvoll aufgewertet wird. Damit erwacht der Platz aus seinem langjährigen Dornröschenschlaf zu neuem Leben.»