Cécile Koch
Hilft Kindern und Jugendlichen aus Alkoholiker-Haushalten.
Man steht am Sonntagmorgen an der Bushaltestelle und möchte Richtung Winkeln. Doch der Bus will und will nicht kommen. Dann fällt es einem wieder ein: Die Haltekante 1 und 4 am Bahnhof sind an den definitiven Standort gezügelt. Ein Zeichen dafür, dass die Arbeiten am Hauptbahnhof noch weitergehen.
Kunststück Die komplette Fertigstellung soll bis Ende 2018 erfolgen. Die Kritik um das «Kunst am Bau»-Projekt mit der binären Uhr ist ebenso vorhersehbar wie öde. Die Diskussionen werden bald verstummen. Schon Beat Rietmann, Leiter Tiefbauamt St.Gallen, ahnt es innerlich: Seine Informationen werden weniger Fragen auslösen als diejenigen von Stadtbaumeister Hansueli Rechsteiner. Erst aber erklärt Rietmann den Stand der Dinge. Die vorher angesprochenen Haltekanten 1 und 4 sind nun am neuen Busunterstand A vor dem Rathaus. Die Zwischenlösung vor dem Bahnhofgebäude wird für sechs weitere Taxistandplätze eingesetzt. Das Bahnhofpärkli und der Kornhausplatz sollen bis im Sommer fertiggestellt sein. Sollte das Pärkli tatsächlich so schön ausfallen wie auf der Visualisierung, kann man etwas pathosbelanden von einer «Oase am Bahnhof» reden. Die Parkplätze vor dem Gaiserbahnhof werden ebenso wie die Neugestaltung der St. Leonhard-Strasse 2019 erstellt. Man ist gut im Zeitplan. Die Rathausunterführung sollte im Sommer endgültig bereit sein. Interessant für viele die komplette Fertigstellung der Innenläden: Herbst 2018 wird hier anvisiert. Dann wird der Bahnhof zur nächsten Shopping-Arena.
Bis Mitte 2018 werden die provisorischen Gleisbrücken wieder ausgebaut, damit im Untergrund die Unterführung gebaut werden konnte, während oben die Züge fahren. Gleichzeitig gilt es, bis im Sommer die Perrons oberhalb der Unterführung wieder instand zu setzen. Diese Arbeiten finden aus Sicherheitsgründen in der Nacht und am Wochenende statt.
Augenfällig die ästhetische Verschönerung des Platzes. Kein Vergleich mehr mit dem «Augenkrebs», der einen bei der alten Version manchmal überkam.
Die klaren, funktionalen Formen und das reduzierte Design sind zeitgemäss, das Ganze wirkt edel. Die Besucherinnen und Besucher von St.Gallen werden nun hell, freundlich und strukturiert empfangen. Die Gestaltung des öffentlichen Raums ist eine durchaus anspruchsvolle Aufgabe. Der Bahnhof ragt hier noch heraus. Insgesamt kann man sagen, dass die Aufwertung des Platzes fussgängerfreundlicher und attraktiver gestaltet worden ist. Der Umstieg auf die Busse ist sicherer und klarer signalisiert worden. Die Gesamtgestaltung ist stimmig. Sozusagen ein «Corporate Identity» der Architektur. Bahnhof und Bahnhofplatz sollen nun die Aufgabe als Drehscheibe künftig noch besser erfüllen. Man darf guten Mutes sein, dass das auch eintrifft. Das «Lifting» hat dem Bahnhof gutgetan, er sieht jetzt Dekaden jünger aus. Man darf also tatsächlich von einem gelungenen Projekt sprechen. Und ganz ehrlich: Aus persönlichen Gründen ist man auch froh, dass es auch wieder ein richtiges Bahnhof-Café hat. Gehört doch irgendwie dazu. Als Service für die Reisenden sowieso.
Es ist so sicher wie das Amen in der Kirche: Gibt’s eine Veränderung im Leben des Menschen, wird erst einmal genörgelt. Und was Kunst ist, das weiss jeder besser. «Patterns» von Norbert Möslang hat das Rennen bei «Kunst am Bau» gemacht. Ein zentrales Motiv am Bahnhof. Wer sich jetzt darauf konzentriert, die binäre Uhr lesen zu lernen, braucht keine Angst zu haben. Es gibt auch noch Analoges am Bahhnof St.Gallen, die Zeit kann man immer ablesen. Die «Zeichensprache als eigene Ästhetik und Antwort auf die stringente Struktur der Ankunftshalle» ist allerdings wirklich gelungen. Hineininterpretieren kann man viel, doch schon in wenigen Wochen hat man sich daran gewöhnt und empfindet – wer weiss – vielleicht sogar noch Freude daran. Die binäre Uhr passt sich perfekt ins bestehende Konzept ein. Sie wird eine gelungene visuelle Konstante im Leben der Stadt sein und wirkt keinesfalls wie ein Fremdkörper. Dem Schreibenden gefällt das Ganze jedenfalls. Er hätte sich auch die Lichtprojektionen von Michel Verjux vorstellen können, die in der Visualisierung sehr effekt- und stilvoll daherkommen. Aber jetzt haben wir die binäre Uhr. Geben Sie ihr eine Chance. Eine neue Zeit in St.Gallen ist angebrochen. «Smart City» – die Zukunft ist am Bahnhof bereits angezeigt. Weil die Zeiger weg sind.
ra
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