Diametral unterschiedliche Betrachtungsweisen
SP und HEV nehmen Stellung zum «Verkehrsregime Marktplatz/Bohl und gesamte Altstadt»
Im November stellte die Stadt St.Gallen im Rahmen einer öffentlichen Informationsveranstaltung ihre Ideen für die Umsetzung eines einheitlichen Verkehrsregimes in der gesamten Altstadt vor. Nun haben die SP der Stadt St.Gallen und der HEV St.Gallen Stellung zu diesem Vorhaben genommen - die Urteile fallen wenig überraschend ganz unterschiedlich aus.
Verkehr Für die nördliche, mittlere und südliche Altstadt sowie für den Marktplatz und Bohl bestehen heute verschiedene Verkehrsregimes mit unterschiedlichen Zufahrtsregelungen. Im Zusammenhang mit der künftigen Marktplatzgestaltung soll für die gesamte Altstadt eine einheitliche Verkehrsorganisation realisiert werden (St.Galler Nachrichten vom 10. November).
«Gastronomiebetriebe dürften profitieren»
«Für die SP bringt die geplante Vereinheitlichung des Verkehrsregimes eine Verbesserung gegenüber der heutigen Situation. Sie unterstützt jegliche Bemühungen, die Innenstadt vom motorisierten Individualverkehr zu entlasten und so die Belebung der Innenstadt zu erhöhen», schreibt die SP in einer Stellungnahme. Mit den geplanten Neuerungen gehe die Stadt in die Richtung anderer Schweizer Städte, welche ähnliche Verkehrsregimes bereits heute kennen und dadurch eine deutliche Verbesserung der Aufenthaltsqualität in den Innenstädten aufweisen würden. «Die heutige Situation mit den vier Verkehrsregimes ist kompliziert und schlecht nachvollziehbar. Dieser Umstand wird mit dem generellen Fahrverbot mit der Schaffung eines einheitlichen Güterumschlags beseitigt», heisst es in der Stellungnahme weiter. Neben der Vereinfachung bringe die neue Regelung auch einen Sicherheitsgewinn: «Insbesondere im Bereich der Marktgasse kommt es heute nicht selten zu brenzligen Situationen zwischen zu Fuss Gehenden und Last- und Lieferwägen.» Die SP meint, dass mit dem Güterumschlag bis 11.30 Uhr gerade jene Zeit verkehrsberuhigt werde, in der sich besonders viele Menschen in den Gassen aufhielten. «Von der Beruhigung der Altstadt über den Mittag dürften nicht zuletzt die Gastronomiebetriebe profitieren. Die SP ist überzeugt, dass die Vorteile nicht nur für die Bevölkerung, sondern auch für das Gross der Gewerbebetreibenden überwiegen, in dem die Attraktivität der Aussenflächen gesteigert wird, was letztlich zu einer erhöhten Kundenfrequenz führt.» Ausserdem sei die SP erfreut, dass mit dem neuen Verkehrsregime der letzte Schritt in der Umsetzung der 2012 vom Parlament angenommenen SP-Initiative «Für einen autofreien Marktplatz» umgesetzt werde.
«Erreichbarkeit bedeutet Entwicklung»
Der Hauseigentümer-Verband St.Gallen (HEV) schreibt in seiner Stellungnahme: «Wer seine Erreichbarkeit bewusst vermindert, nimmt genauso bewusst in Kauf, dass er seinen Erfolg als Wohn- und Wirtschaftsstandort nachhaltig torpediert. Erreichbarkeit bedeutet Entwicklung, Unerreichbarkeit Stagnation und Abstieg.» Laut HEV befindet sich St.Gallen seit mehreren Jahren auf einem Pfad der Stagnation mit stärkerer Tendenz Richtung Abstieg. «Die unzureichende Erreichbarkeit von St.Gallen ist ein Hauptgrund für diese Fehlentwicklung», ist der Stellungnahme weiter zu entnehmen. Für den HEV sei eine gute Erreichbarkeit der Altstadt wichtig: «Eine belebte Altstadt ist imagebildender Kern eines Zentrums einer Metropolitanregion. Ein solcher Kern benötigt einen guten Mix aus Wohnen, Arbeiten, Einkaufen und Freizeit.» So sei es laut HEV Aufgabe der Politik, mit wirksamen Rahmenbedingungen Gegensteuer zu geben, anstatt das Problem mit zusätzlichen, unnötigen Einschränkungen und Schikanen zu verschärfen. «Ansonsten macht die stadträtliche Vision einer Stadt mit mehr Einwohnern und Arbeitsplätzen immer weniger Sinn. Die Attraktivität für Einwohnende sowie Ladenbetreiber nimmt mit dem geplanten Verkehrsregime massiv ab», heisst es von Seiten des HEV weiter. Auch habe sich der HEV bisher an der Kampagne «Sankt» engagiert: «Wenn aber derselbe Stadtrat über eine Verschlechterung der Rahmenbedingungen jegliche Werbemassnahmen wieder zunichtemacht, ist es langsam fraglich, wieso sich Verbände gemeinsam mit der Stadt im Standortmarketing engagieren sollen.» Für den HEV sei klar, dass die bisherigen Lösungen beizubehalten seien. pd