Cécile Koch
Hilft Kindern und Jugendlichen aus Alkoholiker-Haushalten.
Das Wort «Öko» hatte vor 20 Jahren für die meisten Menschen einen eher negativen Beigeschmack. Doch im Zeichen der nur vordergründig gegensätzlichen ökonomisch-ökologischen Denkweise sind es immer mehr Menschen, die dem verantwortungsvollen Einkaufen eine hohe Wichtigkeit einräumen.
Nachhaltigkeit Bester Beweis dafür die vielen positiven Aussagen der Standbetreiber des St.Galler Ökomarkts. Ein Augenschein. Die ökologische Revolution beim Einkaufen hat viele Gesichter. Beim Schlendern über den Markt trifft man auf viele Überzeugungstäter. Der Verein «Gemeinwohl-Ökonomie» mit Repräsentantin Thedora Mis hat gleich eine Matrix erstellt, wie man sich das Ganze vorstellt. Dabei werden Menschenwürde, Solidarität und Gerechtigkeit, ökologische Nachhaltigkeit und Transparenz und Mitentscheidung unter die Lupe genommen. Das Gemeinsame, das Gemeinwohl, es zieht sich wie ein roter Faden durch den Ökomarkt. Die Verbindung von Ökologie und Ökonomie ist dabei absolut kein Gegensatz. Viele Standbetreiber reden von einem deutlichen Aufschwung und einem zunehmend grösseren Interesse an nachhaltigen Produkten. Erzählte Erfolgsgeschichten, die beweisen, dass Geschäftstätigkeit und verantwortungsvolles Handeln sich nicht ausschliessen müssen, sondern im Gegenteil befruchten.
Die Appenzeller BIO-Kräuter GmbH ist ein landwirtschaftlicher Spezialitäten-Betrieb mit sozialen Aufgaben im Bereich der Integration von Menschen mit besonderen Bedürfnissen. Für Petra Dörig ein wichtiger Punkt: «Sie kommen einen halben Tag in der Woche zu uns und freuen sich darauf. Je nach Eingeschränktheit können sie leichtere oder anspruchsvollere Arbeiten übernehmen.» Die Marke «Appenzell» ist immer ein Wettbewerbsvorteil, die Sympathien der Schweiz gegenüber den Innerrhodern ist gewaltig. Seit Jahren belegt Appenzell Innerrhoden den Spitzenplatz bei der Beliebtheit der Kantone in der Schweiz. Davon kann man auch nachhaltig profitieren. Die 40 Kräuter vom Bio-Kräutergarten findet man dann etwa im Appenzeller Käse oder dem berühmten «Appenzeller Alpenbitter». Und man unterstützt ein Projekt in Bosnien-Herzegowina und ermöglicht einer Familie die wirtschaftliche Existenz in der Heimat.
Magnus Hälg von «Naturwurm» widmet sich einem Tierchen, das zu Unrecht oft negative Assoziationen hervorruft. Die sogenannte Wurmkompostierung ist eine der nachhaltigsten Formen der Verwertung von organischen Abfällen. Der Wurmkomposter hat ein einfaches Prinzip: Bioabfall als Futter für die Würmer wird in den Komposter eingeführt. Die gefrässigen Würmer verwandeln die organischen Abfälle innert kurzer Zeit in hochwertigen Wurmhumus und Flüssigdünger. Sie fressen sich eine Etage nach der Anderen nach oben und am Ende hat sich die Fressorgie mehr als gelohnt. Das Freudenfest für die Würmer ist am Ende auch eines für den Boden, in dem sie leben. Und für den Menschen, der eine natürliche Variante zum chemischen Produkt erhält.
Zeit also, den kleinen Erdenbewohner als das zu schätzen, was er ist: Ein Bewohner des Bodens, der dessen Qualität verbessert. Dank Strukturierung, Vermischung, Lockerung und Perforation. «Da ist der Wurm drin» hat ab jetzt also eine positive Bedeutung. «Beaneralla» heisst die erste kompostierbare Kaffeekapsel der Welt. Die «liva natura» macht etwas, das dringend nötig ist. Denn die Aluminiumkapseln sind gesundheitstechnisch nicht das Gelbe vom Ei. Man hat damit den Innovationspreis «Golden Ideal Award» 2013 gewonnen und ist gut unterwegs. «Wir spüren jedes Jahr eine stärkere Nachfrage», zeigen sich die Standbetreiber zufrieden. Die Kapsel trägt offiziell die Bezeichnung «nachweislich kompostierbar» und ist ein wichtiger Schritt zum Umgang mit dem zweitmeist gehandelten Rohstoff der Welt.
Entschlackungs- und Entgiftungskuren sind im 21. Jahrhundert ein grosses Thema, das Bewusstsein für einen gesunden Körper ist massiv gestiegen. Man kann teure Wellness-Ferien machen, oder man kann «Shereidas Frühlingsputz» wirken lassen. Die Bio-Tee-Mischung wirkt im Eigentest in der Tat anregend: Kein Vergleich mit der Beutelware beim Detailhändler. Auch Naturkosmetik ist am Stand von Nina Shereida Konjicija zu finden. «Die erhaltenswerte Schweizer Flora umsorgt uns in allen Lebensbereichen bestens», meint die junge Unternehmerin. Als ausgebildete Phytotherapeutin betrachtet sie den Menschen als ganze Einheit – und nicht systemorientiert. Das passt zur Gesamtausrichtung des Marktes. Die traditionelle Heilpflanzenkunde kehrt in den fortschrittlichen Lebensstil der Gesellschaft zurück. Die ökologische Revolution findet mitten im bestehenden System statt, ist heute noch eine Nische, wird sich aber weiter festigen und etablieren. Dazu gehört für die junge Frau auch, psychosomatische Aspekte einzubeziehen. Ganzheitliches Denken, «ein gesunder Geist in einem gesunden Körper»: Der Ökomarkt St.Gallen leistet Pionierarbeit und ist der lebendige Beweis, dass sich Ökologie und Ökonomie nicht ausschliessen müssen. Sondern einen Kreislauf bilden können, an dem Ende nicht nur einige, sondern viele profitieren. Der Umweltschutz, er muss kein Jobkiller, sondern kann im Gegenteil auch Geschäftsmodell sein.
Doch viele Standbetreiber sehen nicht Gewinnmaximierung, sondern verantwortungsvolles Handeln als Erfolgsmodell der Zukunft. Eine gute Geschichte.
Von René Alder
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