WM-Titel nach zweijähriger Sport-Pause
Sandrine Benz holt sich bei beindruckendem Comeback Gold im Sprint-Duathlon
Die 37-jährige Sandrine Benz, die an der Oberstufe in Gossau unterrichtet, stand kürzlich zuoberst auf dem WM-Podest im Sprint-Duathlon in Spanien. Dies obwohl ihr als Amateursportlerin im Lockdown über mehrere Monate der Zugang zu den Hallenbädern verwehrt blieb und deshalb eine sechsmonatige, komplette Sportpause einlegte.
Duathlon «Ich fühle mich unerwartet ruhig und gelassen», erzählt Sandrine Benz von ihrem WM-Sieg in Spanien. Jetzt hat die 37-Jährige je einen gesamten Medaillensatz von Europa- und Weltmeisterschaft. «Einzig eine Schweizermeisterschaftsmedaille im Kurzdistanz-Duathlon fehlt mir noch. Danach habe ich alle ?Meisterschafts-Sets? komplett», erzählt sie mit einem Schmunzeln. Dieser Weltmeistertitel sei jedoch anders gewesen: «Es war das Eintreten von innerer Ruhe. Früher kam nach einem Gewinn bereits der Drang nach mehr. Dieses Mal konnte ich mich über das Erreichte freuen und ich habe es genossen, dass ich nicht weiss, was sportlich als Nächstes auf mich zukommt. Es ist doch auch schön, sich einen kurzen Moment auf den Lorbeeren auszuruhen, anstatt bereits dem nächsten Projekt entgegenzublicken», so Benz. Auch die Vorbereitungen seien dieses Mal komplett anders gewesen: «Von vorbildlich weit entfernt», fügt sie lachend an. «Das erste halbe Jahr, also von Januar bis Ende Juni 2020, habe ich überhaupt nicht mehr trainiert. Ende Dezember 2020 wurde mir erneut der Zugang zu den Hallenbädern verwehrt und ich sah schlichtweg keinen Sinn mehr in meinem sportlichen Tun. Kaum war ich nach dem ersten Lockdown wieder schwimmfit, wurden die Bäder erneut geschlossen», so die 37-Jährige. Dies habe ihr ernsthaft auf die Stimmung geschlagen und aus diesem Grund habe sie das Training schliesslich auf Eis gelegt.
Motivation kommt langsam zurück
«Komplett ohne Plan kreuzte ich anfangs Juli dieses Jahres in meiner Trainingsgruppe in St.Moritz auf und wusste eigentlich selbst nicht so recht, was ich dort wollte. Ohne darüber nachzudenken, schickte mich der Trainer an einem Montagmorgen ins Wasser und ich schwamm einfach mit. Danach fühlte ich mich so gut wie schon Monate nicht mehr», erzählt Benz. Sie habe zu dieser Zeit noch kein konkretes Ziel vor Augen gehabt, sondern einfach nur die Zeit genossen, sich wieder gut zu fühlen. «Fünf Wochen später staunte ich nicht schlecht, wie gut meine Form bereits war.» So habe sie im Sommer dann täglich zweieinhalb bis drei Stunden trainiert. «Ich habe ausserdem seit Juli kein einziges Training ausfallen lassen», freut sich die WM-Siegerin. Normalerweise würde man vor einem solchen Grossanlass aber während mindestens acht Wochen zahlreiche, intensive Rad- und Lauftrainings machen: «Wie oft ich das gemacht habe, kann ich an einer Hand abzählen. Ich war beim Laufen und Radfahren ja eigentlich noch im Grundlagentraining.»
Wie es weiter geht
«In Anbetracht der immer noch herausfordernden Situation im Zusammenhang mit Corona war ich im Herbst eigentlich an einem Punkt, an dem ich gesagt habe: Diese WM mache ich noch, danach ist Schluss. Ich bin müde geworden, mich alle zwei bis drei Wochen neuen Rahmenbedingungen anzupassen und mein Alltags-Setting, insbesondere die Schwimmtrainings, jedes Mal aufs Neue zu planen», erklärt die Lehrerin aus Gossau. Und nun stehe sie da, einerseits mit einem grossen «inneren Frieden» und dem Wissen, dass sie sich selbst und der Welt nichts mehr beweisen müsse. «Andererseits weiss ich, dass in sportlicher Hinsicht noch einiges in mir stecken würde, wenn ich bereits nach dieser bescheidenen Vorbereitung schon wieder eine solch starke Leistung abrufen konnte», so die 37-jährige Steinacherin. Was sie auch immer motiviere, sei ihr sehr kooperativer Arbeitgeber an der Oberstufe Gossau, welcher es ihr seit Jahren ermögliche, den spitzensportlichen Traum mit ihrer Tätigkeit als Sportlehrerin unter einen Hut zu bringen. «Alles, was ich mir zu Beginn meiner sportlichen Karriere gewünscht und erträumt habe, ist nun Realität», freut sich Benz.
Von Cynthia Sieber