Broschüre zum Umdenken
Die IG Denk.Mal hat über die Dorfstrasse in Wittenbach eine Broschüre herausgebracht. Sie wird diese Woche an alle Haushalte verteilt.
Wittenbach Sie ist der Versuch, die Schönheiten des historischen Dorfkerns den Einwohnerinnen und Einwohnern vor Augen zu führen. Die Rede ist von der eben erschienenen Broschüre über die Dorfstrasse, welche die IG Denk.Mal Wittenbach drucken liess. 400 Exemplare wurden an die Einwohnerinnen und Einwohner rund um den historischen Dorfkern vergangene Woche verschickt, 5000 weitere folgen in diesen Tagen. Nun geht das 24-Seiten umfassende Heft an alle Haushalte der Gemeinde. «Viele Wittenbacherinnen und Wittenbacher denken, sie kennen die Dorfstrasse. Doch die Schönheiten und historischen Hintergründe bleiben beim täglichen Vorbeigehen oftmals verborgen», so Michel Klein, Gründer der IG. Man wolle die sinnliche Ebene ansprechen. Darum sind auch viele Bilder in der Broschüre enthalten. Historische Informationen und Anekdoten finden sich kaum darin. «Diese reichen wir interessierten Bürgerinnen und Bürger auf Anfrage hin nach», so Klein weiter. Die Broschüre sei bewusst eher klein gehalten worden, um Druckkosten zu sparen. «Der historische Dorfkern ist es aber wert, bildlich festgehalten werden.» Klein spricht von dem ersten Raiffeisengebäude der Schweiz, das hier gebaut wurde, von der ersten Post Wittenbachs, von Gebäuden, die bis ins 17. und sogar 16. Jahrhundert reichen, und von insgesamt 14 Gebäuden, die jeweils über 100 Jahre alt sind.
«Sanft» Freude vermitteln
Reine Nostalgie ist es aber nicht, welche die IG zum Druck einer Broschüre trieb. Zum Vorwurf des «Propagandamittels» sagt Klein, man wolle «sanft» die Freude an den historischen Gebäuden vermitteln. Ist jene vorhanden, würden Entwicklungsmöglichkeiten in Betracht gezogen, die dem jetzigen Charakter und der Atmosphäre der Dorfstrasse Rechnung tragen. Hintergrund: Vergangenen November sagte die Stimmbürgerschaft Ja zum 26.5 Millionen-Kredit für den Bau einer neuen Primarschulanlage im Grüntal. Diese wird als Ersatz für die über 100-jährigen Häuser auf dem Dorfhügel erstellt. Jene würden dementsprechend veräussert und abgerissen. Der Gemeinderat will im kommenden Jahr eine Studie in Auftrag geben, welche erste Grundlagen schaffen soll für die Entwicklung der Parzelle und für den südliche Ortsbildvordergrund. In den Inventarblättern der Ortsbilder von kantonaler Bedeutung sind die beiden Schulhäuser in der Baugruppe «Historischer Dorfkern» mit dem höchsten Erhaltungsziel erfasst. «Mit grossem Interesse warten wir auf die Verabschiedung des revidierten Ortsbildinventars Ende Oktober. Wenn die Wittenbacher Behörde die zwei historischen Schulhäuser von der Einstufung erhaltenswerter Gebäude tatsächlich neu auf Objekte ohne Schutz zurückstuft, wird dies ein Signal sein. Es würde bedeuten, dass sie weiterhin auf dem Kurs bleibt, die zwei Schulhäuser zum Abbruch frei zu geben», so Klein. Vorgängig zur Studie würde aber eine Arbeitsgruppe eingesetzt. In dieser will auch die IG Einsitz nehmen. Eigentlich will sie aber mehr. Sie will ein Kooperationsverfahren. Will heissen: Bürgerinnen und Bürger sollen schon bei der Festlegung der Rahmenbedingungen miteinbezogen werden und die Arbeiten von externen Fachpersonen moderiert werden, um Interessenkonflikte zu vermeiden. Würde dies gemacht und die Mehrheit wäre für den Abriss der Schulhäuser, stemme sich die IG auch nicht mehr dagegen, so Klein. «Wir möchten aber ein Umdenken generieren. Bei Grossprojekten oder eben Projekten, die den historischen Dorfkern tangieren, sollte die Behörde ermöglichen, dass, wir Bürgerinnen und Bürger, die Zukunft unserer Gemeinde massgeblich mitgestalten dürfen. So können wir die Entwicklung in eine neue Richtung steuern.» Der Initiant der IG spricht von qualitativem Wachstum, das vonnöten wäre. Das sei allerdings lediglich eine Vision. Ein konkretes Projekt, was anstelle oder mit den Schulhäusern geschehen soll, hat die IG nicht. «Die Rahmenbedingungen fehlen.» Erst wolle man die Studie abwarten. Und dann - gegebenfalls - mittels Referendum die Ergebnisse korrigieren. Dann erst wären auch die Verbesserungs- oder Entwicklungsvorschläge seitens der IG konkreter.
az