Karl Grob
gab sein Fachwissen an seine Berufskollegen im Benin weiter.
Annette Joos, Mathias Steinhauer, Fabienne Duelli, Samuel Fitzi, Felix Leu, Stephan Wüthrich, Raphael Brauchli. z.V.g.
Das kürzlich gegründete Komitee «Ja zu drei bis fünf Gemeinden» fordert eine zukunftsgerichtete Anpassung der Verwaltungsstrukturen in Appenzell Ausserrhoden. Das Komitee will eine Reduktion der Gemeinden auf drei bis fünf. Die Abstimmung darüber findet am 26. November statt.
Gemeindefusionen «Gestalten wir jetzt die Zukunft von Appenzell Ausserrhoden gemeinsam», so der Slogan des überparteilichen Komitees für ein Ja zu drei bis fünf Gemeinden. An der Abstimmung vom 26. November kann die Stimmbevölkerung von Appenzell Ausserrhoden mit einem Grundsatzentscheid über eine Zusammenlegung der Verwaltungseinheiten entscheiden. Der Ursprung der Reform ist mit der Volksinitiative «Starke Ausserrhoder Gemeinden» aus der Bevölkerung gekommen. Mathias Steinhauer vom Pro-Komitee ist überzeugt, dass es höchste Zeit ist, etwas zu tun, und zwar gemeinsam. «Seit 2010 ist das Thema in der Ausserrhoder Politik ein Dauerbrenner. Derzeit funktionieren die Verwaltungen noch, aber wie sieht das in zehn Jahren aus? Wenn man jetzt nichts unternimmt, läuft man bald in eine Sackgasse», sagt Steinhauer. Es würden weiterhin neue Themen auf die Gemeinden zukommen und die Anforderungen an die Verwaltungen weiter steigen. «Einige Gemeinden sagen heute schon, es sei schwierig, alles unter einen Hut zu bekommen», so Steinhauer. Ihm ist bewusst, dass es ein «Hoselupf» wäre, zwanzig Gemeinden auf drei bis fünf zu reduzieren, jetzt könne man aber entscheiden, ob man das gemeinsam mache und für die Zukunft gerüstet wäre. «In diesem Thema muss man weitsichtig vorgehen – gerade, weil für einige Gemeinden in zehn Jahren eine Fusion eine noch grössere Herausforderung sein wird.» Das Komitee wird in den kommenden Wochen mit Informationsveranstaltungen an die Stimmbürgerinnen und Stimmbürger herantreten und die zwei Szenarien darlegen. Das Stimmvolk kann entscheiden, ob die einzelnen Gemeinden selbst Fusionen anstossen sollen oder ob es zu einer koordinierten Fusion und somit zu drei bis fünf Gemeinden kommen soll. «Es braucht neutrale Informationen – wir wollen mit Fakten belegen, warum eine Reduktion Sinn ergeben würde. Wir möchten eine Auseinandersetzung mit dem Thema anstossen», so Steinhauer. Ihm sei aber wichtig zu sagen, dass keinesfalls die Dörfer reduziert würden, es gehe lediglich um die Gemeindeverwaltungen. «Kein Ortsschild wird verschwinden, die Dörfer mit ihrer Geschichte und Traditionen bleiben erhalten. Aus meiner Sicht wird die Identität so oder so erhalten bleiben», sagt Steinhauer. Identität werde durch Freunde, Nachbarinnen, Vereinskollegen geprägt und nicht durch Gemeindeverwaltungen.
Verwaltungen müssten die gleiche Leistung erbringen, grössere Gemeinden seien klar im Vorteil. «Grosse Gemeinden können viel mehr Fachkräfte aufbieten, kleine Gemeinden müssen mit weniger Mitarbeitenden dieselben Anliegen und Probleme in der Gemeinde angehen. Hat jemand aus der Bevölkerung ein Problem, dürfte dieses bei fusionierten Verwaltungen schneller und kompetenter gelöst werden», sagt Steinhauer. Gerade auch Bauprojekte grösseren Ausmasses seien für kleinere Gemeinden eine viel grössere Herausforderung. «Tendenziell hat es in den grossen Gemeinden Fachleute, die sich in ihrem Ressort täglich mit der Thematik beschäftigen. Das ist in kleinen Gemeinden nicht so, die Mitarbeitenden müssen oft ausserhalb ihres Ressorts Entscheidungen treffen. Fachkräftemangel, fehlende Stellvertretungslösungen, komplexe Fragestellungen und juristische Eingaben sind eine Tatsache», sagt Steinhauer.
Bei kleinen Gemeinden gäbe es zudem mehr Teilzeitstellen. «Daher hat man dort gute Generalisten – jedoch findet man keine Fachkräfte, da diese oft keine Teilzeitstellen suchen», so Steinhauer. Viele Zivilstandsämter, Feuerwehren und Bauverwaltungen im Kanton wurden bereits zusammengelegt – teils, weil Personal fehlte, teils, um Ressourcen zu sparen. Laut Steinhauer müsse man nun einen Schritt weitergehen und Gemeinden fusionieren. «Man sieht das ja heute schon in Gemeinderäten, Sitze bleiben lange vakant und es finden Personenwahlen statt, die keine sind», sagt Steinhauer. Ausserrhoden sei ohnehin schon kleinräumig, aber mit den Gemeindegrenzen würden die Möglichkeiten noch mehr schwinden – personell, raumplanerisch und wirtschaftlich.
Jüngst war oftmals auch von Rücktritten und Kündigungen zu lesen, da der Aufgabenbereich zu gross oder die Anforderungen auch durch die Bevölkerung zu hoch waren, im Falle der Wolfhalder Gemeindeschreiberin Sarah Niederer erfolgte die Kündigung laut Mitteilung der Gemeinde aufgrund der hohen Arbeitsbelastung und wegen des «zunehmend respekt- und anstandslosen Umgangs eines Teils der Bevölkerung mit den Verwaltungs- und Behördenmitgliedern». Laut Steinhauer seien mehr Wechsel zu beobachten. «Jedes Mal erfolgt dadurch ein Wissensverlust, die Suche für die vakante Stelle ist aufwendig und es gilt für alle anderen Mitarbeitenden zusätzliche Arbeit, bis jemand Neues gefunden und eingearbeitet ist», sagt er.
Dass dieses Thema sowie die Abstimmung darüber nicht leicht ist, sei ihm bewusst. «Wenn wir nochmals zehn Jahre warten, stecken wir im Schlamassel und dann wären Zwangsfusionen nicht unrealistisch, wenn die Gemeinden personell und finanziell nicht mehr über die Runden kommen. Da will man aber keinesfalls landen», so Steinhauer. Einsparungen durch die Reduktion der Verwaltungen würden zwar gering ausfallen, aber die finanziellen Belastungen würden fairer verteilt. «Bürgerinnen und Bürger müssen in den diversen Gemeinden für dieselbe Leistung über die Steuern mehr bezahlen. Zwar würden in einigen Gemeinden die Steuern kurzfristig etwas steigen, bei den meisten Gemeinden würden die Steuern jedoch eher sinken», so Steinhauer. Durch teils niedrigere Steuern steige auch die Attraktivität einzelner Gemeinden. «Ich glaube, die Gemeinden würden gestärkt durch ein grösseres Gemeindegebiet – was auch gegenüber dem Kanton ein stabileres Auftreten ermöglicht.»
Stefanie Rohner
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