Ursula Forrer
feierte mit der Stiftung Zeitvorsorge das 10-Jahres-Jubiläum.
Seit elf Jahren gibt es BIGNIK, welches von den Künstlern Frank und Patrik Riklin ins Leben gerufen und stets weiterentwickelt wurde. Das wachsende Picknicktuch wird nun am 10. September im Dorfkern von Herisau ausgelegt.
Kunst « BIGNIK ist eine Utopie, die immer mehr zur Realität wird, je grösser das Tuch wird», sagen Frank und Patrik Riklin, die das Atelier für Sonderaufgaben betreiben. BIGNIK wurde über die Jahre immer bekannter, ist den Leuten ein Begriff, ebenso die Riklin-Brüder, die es mit dem riesigen Picknick-Tuch wie auch mit ihrem Null-Stern-Hotel national wie auch international in die Presse geschafft haben. Die Vision der Zwillinge ist es, mit der Bevölkerung ein riesiges Picknick-Tuch zu erschaffen. «Pro Kopf ein Tuch ist unsere Maxime. Das heisst, am Ende sollen rund 300'000 Tücher zusammengenäht sein», sagen die beiden. Bis die Vision erfüllt sei, würde es bis ins Jahr 2053 dauern. Die neue Partnerin des BIGNIKs, oder wie die Riklins sagen würden, Komplizin, ist die Stiftung Dorfbild Herisau, zumindest für diese Auslegung. Früher war die Regio Appenzell AR–St.Gallen–Bodensee die Partnerin der Konzeptkunst, ganze zehn Jahre lang, initiiert im Rahmen von «Region als Bühne». Wer im kommenden Jahr mit den beiden zusammenspannt, ist noch offen – das Wallis ist derzeit im Gespräch mit den Riklins. Wer denkt, BIGNIK sei ein Event, ein Picknick, bei dem alle zusammenkommen, hat laut Riklins weit gefehlt: «Wir haben etwas geschaffen, das mitunter selbst unsere Vorstellungskraft überfordert. Denkmuster sollen gesprengt werden und Visionen 'genäht' werden. BIGNIK ist etwas, das angefangen, aber nie aufgehört hat – genau das ist der Reiz daran», sagen sie. Früher fanden die Auslegungen auf Wiesen statt, heute direkt in Stadt- und Dorfzentren.
«Heute reden wir von Tuchflutungen. Im Vorfeld überlegen wir uns meist auch noch eine Aktion, wie vergangene Woche in Herisau der Tuchfall im Regierungsgebäude», sagt Patrik Riklin. In ihrer Arbeit sei die vorsätzliche Subversivität zentral, man mache nie etwas im Versteckten, weswegen man auch die Mitarbeitenden im Regierungsgebäude mit Tüchern «überfallen» und zum grosskarierten Denken angeregt habe. Zeitgleich war die öffentliche Nähwerkstatt in Herisau zugänglich, in der die rund 1000 neu gesammelten Tücher zu Modulen vernäht wurden. Die Nähplätze seien durchgehend besetzt gewesen. «Im übertragenen Sinne würde ich sagen, dass nicht nur in der Nähwerkstatt genäht wurde, sondern auch in den Köpfen derer, die vorbeigegangen sind», so Patrik Riklin. BIGNIK sei der Versuch, an einer Mentalität zu nähen. «Das grosskarierte Denken und Handeln steht für uns im Zentrum. Und was wir auf BIGNIK anwenden können, kann auch auf eine Gesellschaft sowie die Politik angewendet werden – natürlich aber nicht von uns, das geschieht durch das Projekt vielleicht ganz von alleine, nämlich dann, wenn Menschen die selbst gesetzten Grenzen in Frage stellen», so Frank Riklin.
Herisau werde sich selbst neu kennenlernen – die Riklins hoffen auf viele Interessierte. «Wenn die Kantonsstrasse und der Obstmarkt komplett verändert sein werden, dürfte das für die Einwohnenden sehr eindrücklich sein», sagt Frank Riklin. Es ergäbe jeweils ein tolles neues Motiv, wenn die Gemeinde auf den Tüchern liegt. Das passt nach Meinung der Riklins auch zu den Zielen der Stiftung Dorfbild Herisau. Diese setzt sich dafür ein, «dass Herisau ein Ort ist, an dem man sich wohl fühlt. Sie wünscht sich ein Herisau, das Sorge trägt zu Kostbarem und Unverwechselbarem, das sich stetig weiterentwickelt und den Herausforderungen der Zeit stellt».
BIGNIK ist für die Riklin-Brüder immer ein Erzählen von Geschichten; von der Tuchsammlung in den Gemeinden über die öffentliche Nähwerkstatt bis hin zur Auslegung der Tücher. Unzählige Geschichten haben die beiden schon im Archiv, Neue werden entstehen. «Ohne eine Community funktioniert das Projekt nicht. Aber wir stellen fest, dass die Sehnsucht, Teil von etwas Grösserem zu werden, in den letzten zehn Jahren grösser geworden ist. Die Leute haben Lust, unüblich zu handeln». Für die Auslegung der rund 3000 Tuchmodule am 10. September sei man auf Tuchauslegerinnen und Tuchausleger angewiesen, ab neun Uhr morgens wird Herisau zum grossen Picknicktuch. Unter www.bignik.ch finden sich alle Infos. Sollte das Wetter nicht trocken sein, gibt es zwei Verschiebedaten: den 17. und 24. September. Die Brüder sind sicher: Herisau muss eine Tuchflutung erleben. «Für einen Moment wird der Alltag zum neuen Raum, in dem sich alles auflöst und alles vereint. Grenzen verschwinden und Herisau wird im neuen Gewand daherkommen», so die Konzeptkünstler.
Stefanie Rohner
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