«Sauberer Spitzensport ist Wunschdenken»
Am 23. Oktober findet das Sportforum Appenzellerland zum Thema «Doping» statt.
Ernst König ist Direktor von Antidoping Schweiz und im Rahmen des Sportforums Appenzellerland am Freitag in Herisau als Referent zu Gast. Nebst König gibt es weitere illustre Gäste, die ihre Erfahrungen mit der Thematik mit den Anwesenden teilen werden.
Sportforum Appenzellerland Am Freitag, 23. Oktober, findet das traditionelle Sportforum Appenzellerland zum Thema «Doping» statt. Zu Gast sein werden Sportler, darunter Systemopfer, aber auch Nutzniesser, Landammann Fredi Stricker und Ernst König als Direktor von Antidoping Schweiz. Wie es Sportlern früher möglich war, jahrelang zu dopen, ohne erwischt zu werde und wie die Dopingbekämpfung heute aussieht erzählt Ernst König im Interview.
Ernst König, wie viele Fälle verzeichnet Anti Doping Schweiz jährlich?
Die Anzahl Verstösse gegen die Anti-Doping-Bestimmungen können von Jahr zu Jahr variieren. In den letzten Jahren hat die Disziplinarkammer für Dopingfälle von Swiss Olympic jeweils zwischen 6 und 15 Urteilen pro Jahr gefällt.
Wie wird in der Schweiz gegen Doping vorgegangen?
Antidoping Schweiz ist die zuständige Stelle für die Dopingbekämpfung in der Schweiz. Sie führt ein Antidoping-Programm gemäss Vorgaben der World Anti Doping Agency (WADA), welches grob gesagt folgende Tätigkeiten umfasst: Dopingkontrollen, Ermittlungen, Dopingprävention, angewandte Forschung sowie nationale und internationale Zusammenarbeit.
Russland wurde nach der Heimolympiade systematisches Doping nachgewiesen ? mehrere Läufer wurden gesperrt. Wie ist es möglich, dass Dario Cologna als sauberer Athlet zwei Mal Gold gewinnen konnte? Werden Sie da nicht misstrauisch?
Wir beobachten die Leistungsentwicklungen der Schweizer Athleten aufmerksam, ein gutes Resultat alleine macht einen Athleten aber nicht automatisch verdächtig. Die Schweizer Spitzenathleten unterstehen einem rigorosen Kontrollprogramm und müssen an 24 Stunden und 7 Tagen pro Woche mit einer unangekündigten Dopingkontrolle rechnen. Zudem haben wir diverse zusätzliche Instrumente zur Verfügung, wie beispielsweise die Aufenthaltsorte der Athleten, Blut- und Steroidprofile, Erkenntnisse aus den Ermittlungsarbeiten etc.
Zahlreiche Sportler, wie Lance Armstrong, werden während ihrer gesamten Karriere nie positiv getestet und später stellt sich heraus, dass sie jahrelang gedopt haben. Das ist für den Laien schwer erklärbar?
Vor 10-15 Jahren war es wesentlich einfacher zu betrügen ohne erwischt zu werden als heute. Die systematische weltweite Dopingbekämpfung hat erst mit der Gründung der WADA 1999 so richtig begonnen. Der Vorsprung der Betrüger damals war wesentlich grösser als dies heute der Fall ist. Die Methoden und Instrumente, die wir heute zur Verfügung haben, sind wesentlich besser als damals, beispielsweise in der Analytik sind seit dieser Zeit riesen Fortschritte erzielt worden. Das heisst nicht, dass es heute unmöglich ist zu betrügen. Der Spielraum ist aber viel kleiner geworden und das Risiko erwischt zu werden ist gestiegen.
Was sind die grössten Gefahren von Doping?
Besonders sind sicherlich die gesundheitlichen Gefahren hervorzuheben. Mögliche Folgen sind beispielsweise irreversible Organschäden, Kreislaufprobleme, Unfruchtbarkeit und psychische Probleme.
Was sind die neuesten Doping-Taktiken? Zählen bereits Nahrungszusätze als Doping?
Die Statistiken zeigen, dass sich die festgestellten Substanzen bei positiven Dopingtests weltweit über die letzten Jahre nur wenig verändert haben, die Substanzen sind eigentlich meistens die altbekannten, weil diese halt auch die beste Wirkung haben. Häufig kommen Anabolika und Stimulanzien zum Einsatz. Wir wissen jedoch, dass sich die Verabreichungs-Methoden verändert haben, sprich, dass beispielsweise kleinere Dosen verabreicht werden, dafür regelmässiger (sog. Microdosing). Aufgrund des kürzeren Nachweisfensters erschwert dies den analytischen Nachweis, die Wirkung ist allerdings ebenfalls geringer.
Gibt es viele Fälle von «versehentlichem» oder «unwissentlichem» Doping?
Dies kommt leider ziemlich oft vor, meist hängen solche Fälle mit verunreinigten Nahrungsergänzungsmitteln zusammen. Wir versuchen dies zu verhindern, indem wir in unseren Präventionsprogrammen auf die Gefahr aufmerksam machen und konkrete Tipps geben.
Wird es je sauberen Spitzensport geben?
Wie ein Strassenverkehr ganz ohne Verkehrssünder ist auch ein zu 100 Prozent sauberer Spitzensport wahrscheinlich ein Wunschdenken. Nichts desto trotz ist genau das unser Ziel für welches wir jeden Tag alles in unserer Macht Liegende tun.
Was erwartet die Anwesenden an der Veranstaltung «Sportforum Appenzellerland»?
In meinem Vortrag zum Thema Antidoping werde ich einen Einblick in unsere Arbeit geben und mit einem Bezug zur Aktualität hoffentlich eine konstruktive Diskussion anregen und ermöglichen.
Von Ramona Koller