Boryana Milova
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Der Stadtrat stellt Schulreisen, Sonderwochen und Klassenlager zur Diskussion. z.V.g.
Eine vorberatende Kommission unter der Leitung von Markus Rosenberger (SVP) muss auf der Basis der stadträtlichen Antwort zum Postulat «Verwaltungsstrukturen und -prozesse optimieren» die Sinnhaftigkeit möglicher Sparmassnahmen und potenzieller Effizienzsteigerungen in der Stadtverwaltung prüfen.
Verwaltung Es entbehrt nicht einer gewissen Ironie, dass der erste zu prüfende Ausgabenposten in der Antwort des Stadtrates zum Postulat «Verwaltungsstrukturen und -prozesse optimieren», das von der SVP im März 2022 eingereicht und vom Parlament im Juli des gleichen Jahres mit nur vier Gegenstimmen für erheblich erklärt wurde, das Stadtparlament selbst betrifft. Die Kosten für die Gossauer Legislative weist der Stadtrat mit 130'000 Franken pro Jahr aus und schreibt dazu in der Bemerkung: «Wechsel zum System Bürgerversammlung prüfen». Dass das Stadtparlament an erster Stelle kommt, ist allerdings nicht als Warnung des Stadtrates zu verstehen, sondern liegt lediglich an der chronologischen Abarbeitung des städtischen Aufgabenplans in der Postulatsantwort. Zu den Aufgaben, die gestrichen werden könnten, um die Finanzlast für die Stadt zu reduzieren, schreibt der Stadtrat, dass alle Aufgaben als freiwillig verstanden werden, welche der Stadt nicht von Bund oder Kanton zugewiesen sind, sondern im öffentlichen Interesse der Bevölkerung selbst gewählt wurden. «Eine Entlastung resultiert nicht ausschliesslich aus dem Verzicht auf eine Aufgabe. Insbesondere bei freiwilligen Aufgaben sind sie auch Resultat einer Reduktion von Quantität», hält der Stadtrat in seinem Bericht fest.
Unter den Aufgaben, auf die teilweise oder ganz verzichtet werden könnte, führt der Stadtrat beispielsweise die Mitgliedschaften in Städte- und Gemeindeverband oder im Hagelabwehrverband auf. Auch die Beiträge an Stadtbibliothek, Ludothek, Ortsbürgergemeinde, Walter Zoo, Förderverein Schloss Oberberg und weitere Vereinsbeiträge werden zur Diskussion gestellt. Im Bereich der Schule werden die Kosten für die Führung der Kleinklassen auf eine Million Franken beziffert. Allerdings würde deren Aufhebung Mehrkosten bei der integrativen Beschulung auslösen. Das gleiche gilt für die 1,89 Millionen Franken Standortbeitrag an die Maitlisek, da die Schülerinnen in diesem Fall durch die Schule Gossau beschult werden müssten. Zur Diskussion stehen Schulreisen, Sonderwochen und Klassenlager, genauso wie die Fachstelle Sport Kultur und Freizeit oder der Standortbeitrag für das Gymnasium Friedberg. Im Bereich Bau Umwelt Verkehr stellt der Stadtrat eine sofortige Stilllegung des Hallenbads Rosenau oder den Betrieb als reines «Schulbad» zur Diskussion. Auch ein Verzicht auf das Marktstübli oder den Mehrzwecksaal Arnegg wird als mögliche Massnahme genannt; ausserdem eine Reduktion des Unterhalts der Fussballplätze, der Park- oder der WC-Anlagen. Diskutiert werden könnten auch eine Reduktion der öffentlichen Beleuchtung oder des Busfahrplantaktes.
Im Bereich Jugend Alter Soziales stellt der Stadtrat Integrationshilfen, Jugendarbeit und die Schulische Sozialarbeit zur Diskussion. Ein grosser Kostenpunkt stellt mit rund 940'000 der Aufwand für die ausserfamiliäre Kinderbetreuung dar. Der Stadtrat gibt allerdings zu bedenken, dass die Subventionierung durch Kanton und Bund nur bei gleichzeitiger Unterstützung durch die Stadt erfolgt. Auch die Mütter-/Väterberatung, die Fachstelle Gesundheit oder die Fachstelle Alter könnten theoretisch abgeschafft werden. Neben Leistungen, die gestrichen werden könnten, sollte der Stadtrat gemäss Postulat auch nicht hoheitliche Aufgaben aufzeigen, welche die Privatwirtschaft übernehmen könnte. Dazu schreibt der Stadtrat: «Mögliche Übertragungen nicht hoheitlicher Aufgaben an Private, welche zu einer klaren Reduktion des strukturellen Defizits führen werden, wurden noch nicht gefunden.»
Verschiedene Optionen nennt der Stadtrat dagegen bei den Optimierungsmöglichkeiten von Verwaltungsprozessen, so beispielsweise Effizienzsteigerungen durch eine Verminderung von Störungen, die Reduktion der Öffnungs- und Telefonzeiten, die Straffung des Kiosk-Angebots oder die Verrechnung von Dienstleistungen an Dritte zu Vollkosten. Bezüglich der Neuorganisation oder des Zusammenschlusses von Ämtern lenkt der Stadtrat die Diskussion auf eine Zusammenlegung von Kindertagesstätte und Tagesstrukturen, von Hoch- und Tiefbauamt sowie Stadtentwicklung und Tiefbauamt. Auch ein Triageschalter im Rathaus, die Abschaffung von bestehenden Kommissionen, ein zentralisierter Personaldienst und eine Eingliederung der Fachstelle «Sport Kultur Freizeit» hält der Stadtrat für prüfenswerte Optionen. Er nennt auch Möglichkeiten für die Nutzung von Synergien mit Nachbargemeinden. Eine Möglichkeit könne sein, dass sich die Stadtverwaltung diesen dank der Schaffung von Kompetenzzentren aktiv als Dienstleister anbiete. Weitere Optionen sieht der Stadtrat in der Abschaffung der ID-Ausgabe im Rathaus durch die Überweisung an die kantonale Ausweisstelle St.Gallen oder in der Regionalisierung der Jugendarbeit.
Der Stadtrat habe mit seinem Bericht lediglich Ansätze vorgelegt. «Eine Bearbeitung dieser Massnahmen zur Entscheidungsreife war im Zeitrahmen für die Beantwortung des Vorstosses kaum möglich», heisst es dazu in der Postulatsantwort. Das Geschäftsreglement des Stadtparlamentes sieht vor, dass der Stadtrat einen durch ein Postulat erteilten Auftrag innerhalb eines Jahres ausführt. «Zudem verursacht die Vertiefung zur Entscheidungsreife teilweise erheblichen Zusatzaufwand und kann bei einzelnen Massnahmen auch zu Verunsicherung bei den betroffenen Mitarbeitenden führen», schreibt der Stadtrat weiter. Deshalb wolle er nur Massnahmen vertiefen, welche im Parlament eine breite Akzeptanz finden. «Der Stadtrat erwartet aus der parlamentarischen Diskussion Entscheide, welche Massnahmen von ihm weiterzuverfolgen sind und in welcher Priorisierung», schreibt die Stadtregierung.
Seit vielen Jahren beklagen die bürgerlichen Parteien an den Budgetdebatten den stetig steigenden Kernaufwand der Stadt Gossau. Dieser setzt sich aus Personal-, Sach-, Finanz- und Transferaufwand zusammen. 2022 betrug der Kernaufwand 85,6 Millionen Franken. Im Juli letzten Jahres erklärte das Stadtparlament das Postulat «Verwaltungsstrukturen und -prozesse optimieren» für erheblich. Eingereicht hatte dieses die SVP-Fraktion im Frühjahr 2022 mit folgender Begründung: «Obwohl der Stadtrat das strukturelle Defizit bereits vor Jahren erkannt hat, sind seither keine wirksamen Massnahmen getroffen worden. Der Kernaufwand steigt Jahr für Jahr kontinuierlich an, was sich negativ auf den Cashflow auswirkt.»
Von Tobias Baumann
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