Gesangsfestival soll Ort der Begegnungen werden
Über 9000 Sängerinnen und Sänger aus 330 Chören werden vom 22. bis 28. Mai am Schweizer Gesangsfestival in Gossau erwartet. Trotz aktuell enorm hoher Corona-Fallzahlen und des tragischen Todes ihres Präsidenten Alex Brühwiler Mitte Oktober zeigen sich die Mitglieder des Organisationskomitees optimistisch, dass im Mai ein einzigartiges Fest durchgeführt werden kann.
Festival der Chöre «Wir sind immer noch sehr positiv und arbeiten mit Hochdruck am Projekt. Wir gehen davon aus, dass das Fest stattfinden kann. Das ist unsere Grundhaltung», antwortet Max Nadig, Leiter Marketing, Kommunikation, Sponsoring des Schweizerischen Gesangsfestivals, auf die Frage nach den Befindlichkeiten innerhalb des Organisationskomitees 140 Tage vor Beginn des Grossanlasses. Aktuell plane man, wie mit verschiedenen Stufen der Pandemie-Bekämpfung zu verfahren wäre: «Wir entwerfen unterschiedliche Szenarien für 2G, 3G und weitere Eventualitäten.» Die aktuell hohen Fallzahlen bereiteten ihnen insofern Sorgen, da die Unsicherheit bei den Chören steige, erzählt Nadig: «Die Chöre haben selbst Ausfälle, hatten in den letzten zwei Jahren teilweise viele Austritte zu verzeichnen und können sich nicht wie üblich auf das Festival vorbereiten. Da müssen wir Vertrauen schaffen, nahe dran sein, erklären und vermitteln.» So hätten sie allen angemeldeten Chören zum Jahreswechsel einen Brief geschrieben und darin unter anderem erläutert, dass es beim diesjährigen Gesangsfestival für einmal nicht wie bei früheren Austragungen in erster Linie um eine Bewertung der gesanglichen Leistung gehe, sondern dass vielmehr das Fest und das gemeinsame Erlebnis im Zentrum stünden.
Täglich ein gemeinsames Singen
Trotz Pandemie werde man am Begegnungskonzept dieses Gesangsfestivals, das jeden Tag ein gemeinsames Singen im Zirkuszelt auf der Bundwiese, aber auch sogenannte Puzzle-Begegnungskonzerte zwischen Kinder- und Jugend- sowie den Erwachsenen-Chören vorsieht, nicht rütteln. Gleichzeitig mit dem Schweizer Gesangsfestival in Gossau findet in Winterthur das Schweizer Jugend- und Kinderchor-Festival statt. Von dort werden rund zehn Chöre für gemeinsame Auftritte ins Fürstenland kommen. «Die Begegnungen stehen an diesem Gesangsfestival im Zentrum. Deshalb wollen wir dieses Konzept nicht antasten. Aber denkbar ist beispielsweise, dass das Zirkuszelt, welches Platz für eintausend Besuchende bietet, beim gemeinsamen Singen nicht voll besetzt wird», erklärt Nadig. Ihnen sei wichtig, dass die Chöre nicht nur für eine Bewertung ans Festival kämen, um nach ihrem Auftritt gleich wieder nach Hause zu gehen. «Vielmehr wollen wir ein gemeinsames Erlebnis bieten», so Nadig. Auch wenn man ursprünglich einmal von rund 500 Chören mit 15000 Sängerinnen und Sängern ausging, sei man aufgrund der besonderen Umstände mit 330 angemeldeten Chören und über 9000 Sängerinnen und Sängern sehr zufrieden. Das Festival lasse sich auch so wirtschaftlich über die Bühne bringen.
Kein neuer Präsident
Vor grosse Herausforderungen wird das OK aber nicht nur durch die schiere Grösse des Anlasses und die Pandemie gestellt, sondern auch durch den tragischen Tod von Alex Brühwiler, der im Oktober bei einem Wanderunfall ums Leben kam. Der langjährige Gossauer Stadtpräsident war federführend in den Bemühungen des Männerchors Gossau, das Gesangsfestival ins Fürstenland zu holen und stand dem OK als Präsident vor. «Sein Tod war ein gewaltiger Schock, der uns richtig durchgeschüttelt hat. Ich beispielsweise kam nur wegen Alex überhaupt in dieses OK», erzählt Nadig. Es sei zu Beginn menschlich sehr schwierig gewesen, beispielsweise die Akten abzuholen und die Arbeit wieder aufzunehmen. Doch an ausserordentlichen Sitzungen habe man das weitere Vorgehen besprochen und dabei unter anderem entschieden, dass man auf einen neuen OK-Präsidenten verzichte. Die wichtigen Pfeiler seien zum Glück alle gestanden, da Alex Brühwiler hervorragende Vorarbeit geleistet habe. «Ein neuer Präsident hätte eine lange Einarbeitungszeit benötigt, gleichzeitig müssen aber die Vorbereitungsarbeiten vorangetrieben werden. Deshalb haben wir entschieden, die Aufgaben intern zu verteilen. Rolf Hefti hat als Präsident des Trägervereins die Sitzungsleitung übernommen, die Aufgaben in den einzelnen Ressorts wurden auf verschiedene Schultern verteilt», so Nadig.
Wer hält Eröffnungsrede?
Wer aus dem Organisationskomitee schliesslich das Gesicht des Festivals werde und die Eröffnungsrede halte, sei noch unklar: «Darüber haben wir bisher noch nicht diskutiert. Erst muss die Arbeit gemacht werden, dann findet sich bestimmt jemand, der vorne hin steht», lacht Nadig. Und was würde er sich wünschen für die neun Tage Ende Mai, wenn er einen Wunsch frei hätte? «Möglichst wenig Corona-Vorschriften und schönes Wetter. Wenn man endlich wieder gemeinsam feiern kann, bin ich überzeugt, dass die Freude bei allen enorm gross sein wird und wir ein Bombenfest erleben!»
Von Tobias Baumann