Bernhard Ruchti
weiht die neue Orgel in der Kirche St. Laurenzen mit einem Konzert ein.
Am Sonntag findet nach vier Jahren Unterbruch erstmals wieder der Gossauer Fasnachtsumzug statt. z.V.g.
Erstmals nach vier Jahren findet an diesem Sonntag wieder der traditionelle Gossauer Fasnachtsumzug statt. 43 Gruppen nehmen am Umzug teil, der in diesem Jahr gemäss Fasnachtskomitee mit vielen kunstvollen Sujets aufwartet. Doch der Blick in die Zukunft ist für den Traditionsanlass nicht eben verheissungsvoll.
Fasnachtsumzug «Die Vorfreude ist gross. Wir spürten in den letzten Jahren Entzugserscheinungen», sagt Erwin Stauch, der im Fasnachtskomitee (FAKO) Gossau für die Finanzen zuständig ist, mit einem Lachen. Sein Kollege Adrian Krucker, der das Ressort Werbung / Sponsoring verantwortet, ergänzt: «Richtig cool ist, dass wir in diesem Jahr viele schöne Sujets präsentieren können – unter anderem ein 50 Meter langes, das auf vier Wagen verteilt ist.» Neben vielen altbekannten Teilnehmern gebe es auch neue Gruppen, die noch nie in Gossau mitliefen. Stauch hebt hervor, dass gar zwei Gruppen aus dem süddeutschen Raum ins Fürstenland reisen, um am Umzug teilzunehmen, was den guten Namen des Gossauer Traditionsanlass in fasnächtlichen Kreisen unterstreiche. Die Zahl der Anmeldungen habe sich im Vergleich mit den letzten Austragungen vor der Pandemie denn auch nicht reduziert. «Aber wir haben die Grenze ganz bewusst bei rund 40 Gruppen gezogen, damit der Umzug nicht zu lang wird», so Stauch. In der Vergangenheit hätten sie wiederholt über 50 und einmal gar über 60 Sujets gehabt. Krucker meint dazu: «Nach einer gewissen Zeit haben sich die Zuschauerinnen und Zuschauer satt gesehen. Dann kann ein Wagen noch so schön gestaltet sein, er erhält nicht mehr die verdiente Aufmerksamkeit.»
Im Gegensatz zu früheren Austragungen werden deutlich weniger Guggenmusiken am Start sein. «Wir haben in diesem Jahr kein Rahmenprogramm mit Festzelt, in dem die Guggen zusätzlich auftreten könnten. Ausserdem wollten wir den Fokus bewusst auf mehr Wägen und Fussgruppen setzen», erzählt Stauch. Dass die Gruppen dem gewählten Motto «LOVE, PEACE & FASNACHT» entsprechen, sei keine Auflage, aber selbstverständlich erwünscht und auch ein Kriterium, das über die Prämierung der drei besten Sujets mitentscheide. Krucker ergänzt, dass man das Motto von der abgesagten Ausgabe 2021 übernommen habe. «Damit haben wir den Zeitgeist getroffen. Es braucht einen Kontrast in diesen Krisenzeiten.» Weitere Kriterien für die Prämierung seien der Aufwand, den eine Gruppe für ihre Sujets betreibt, sowie die Stimmung, die sie am Umzug verbreite, erzählt Stauch. Die erstrangierte Gruppe erhält vom FAKO 900 Franken, 600 Franken gibt es für Rang 2, 300 Franken für Rang 3. «Dies ist eine kleine Entschädigung für den grossen Aufwand, den gewisse Formationen auf sich nehmen», erklärt Krucker. Damit unterstreiche das FAKO, dass aufwendige Sujets reinen Partywagen vorgezogen würden. «Auf Bumbum-Party-Saufen-Wagen sind wir nicht so scharf», hält Krucker fest. Der Umzug in Gossau solle schliesslich familienfreundlich und farbenfroh sein.
Bezüglich Publikumsaufmarsch zeigen sich die beiden FAKO-Mitglieder optimistisch. Krucker erwartet rund 5’000 bis 6’000 Zuschauerinnen und Zuschauer – «wenn es nicht gerade Katzen hagelt». Etwas zurückhaltender ist Stauch: «4’000 sollten es mindestens sein, damit wir eine schwarze Null erreichen», so der Leiter Finanzen. Erwachsene bezahlen zehn Franken Eintritt, für Kinder ist der Umzug kostenlos. Über die Jahre habe sich das FAKO ein gewisses Polster erwirtschaftet, um selbst für die Defizitgarantie zu sorgen. Ausserdem könne man auf die Unterstützung der Stadt und von drei Hauptsponsoren zählen. Auf der Aufwandseite schlagen die Reinigungskosten mit rund 20'000 Franken besonders zu Buche. «Und inzwischen kosten uns auch die Helferinnen und Helfer, die für ihren Einsatz alle 50 Franken erhalten», erklärt Stauch. Früher habe man diese bei fast 100 Mitgliedern im Fasnachtskomitee rekrutieren können. Doch diese Zeiten seien vorbei. Auch für den Feuerwehrverein, der das FAKO seit Jahrzehnten unterstützt, sei es schwieriger geworden, Personal für den Umzug zu rekrutieren, ergänzt Krucker.
Die Personalrekrutierung sieht er denn auch als grosse Herausforderung für die Zukunft: «Seit zehn Jahren suchen wir fasnachtsbegeisterte Personen, die sich im FAKO engagieren möchten, doch die Suche gestaltet sich immer schwieriger.» Ob die aktuelle Crew in zwei Jahren nochmals einen Umzug auf die Beine stellt, sei höchst fraglich – und damit auch die Zukunft des Traditionsanlasses ungewiss. «Ich kann nur einmal mehr betonen: Wer Interesse hat, im FAKO mitzuarbeiten, soll sich umgehend bei uns melden», hält Adrian Krucker fest. Die Vorfreude auf den kommenden Sonntag möchte er sich von den unsicheren Zukunftsaussichten allerdings nicht nehmen lassen: «Jetzt geniessen wir erst einmal einen wunderschönen Umzug 2023!»
Von Tobias Baumann
Lade Fotos..