Marcio Ferreira Dos Santos
über das Prinzip der "Sharing economy".
Regierungsrat Fredy Fässler.
Kaum ein Thema wird an den Stammtischen so hochgekocht wie die Immigration. Die Christliche Sozialbewegung St. Gallen organisierte einen Anlass, der Verunsicherungen oder auch Bedrohungsängste thematisierte. Der Tenor war dabei klar. Flüchtlinge seien oft Sündenböcke, blieben aber vor allem eines: Menschen.
Immigration Man könnte den Anlass als Gegenbewegung zur aktuellen Stimmungslage in der Bevölkerung zeigen. Denn das Ausländer- und Asylecht ist genau jener Bereich, welcher in den letzten 20 Jahren immer wieder verschärft wurde. Ausländergesetz, Ausschaffungsinitiative, Masseneinwanderungsinitiative: Was etwa von Kulturschaffenden oft als «unmenschlich» bezeichnet wird, findet in der Bevölkerung immer wieder eine Mehrheit. Professor Frank Jehle, ehemaliger Dozent für evangelische Theologie, findet diese Entwicklung bedenklich. Er zog aus theologischer Sicht Parallelen der Bibel zu dieser Problematik. «Das Gleichnis des verlorenen Sohnes kann man mit den heutigen Wirtschaftsflüchtlingen in Verbindung bringen.» Für ihn sind in der Migrationsfrage drei Punkte entscheidend: die Gelassenheit, die Sachlichkeit und die Barmherzigkeit. «Wir dürfen uns nicht von der Angst bestimmen lassen. Eine Frau sagte mir, dass sie sich nicht mehr aus dem Haus traue. Und zwar wegen der Befürchtung, geschlagen oder sogar vergewaltigt werden.». Dies sei auch Resultat der oft reisserischen Berichterstattung in den Medien. Aus seiner Sicht werden die Proportionen der Problematik stark verzerrt wahrgenommen.
Warum sind die Ängste derart gross? Das Thema Migration nimmt gleich nach der Angst vor dem Verlust des eigenen Arbeitsplatzes seit Jahren den zweiten Platz im sogenannten «Sorgenbarometer» der Schweizer Bevölkerung ein. Regierungsrat Fredy Fässler stellte erst einmal fest, dass er früher besonders in seiner Funktion als Anwalt öfters gegen die Regierung geschossen habe. «Ich bin vom Kritisierer zum Kritisierten geworden.» Fässler pochte darauf, den Rechtsstaat in jedem Fall durchzusetzen. «Die sogenannte Besinnung auf die eigenen Werte ist gefährlich. Das sind oft unheimliche Patrioten. Auch die Konzerte von rechtsradikalen Bands in unserem Kanton sind sehr betrüblich.» Der Politiker stellte fest, dass Recht und Gerechtigkeit nicht immer etwas miteinander zu tun haben. Und doch: «Wir haben uns den Rechtsstaat erkämpfen müssen. Er ist keine Selbstverständlichkeit.».
Ursula Surber, ehemalige Präsidentin des Vereins Solihaus St. Gallen, setzt sich leidenschaftlich für Flüchtlinge ein. Sie brachte ein praktisches Beispiel ein. «Eine Frau als Eritrea musste eine Busse von 4000 Franken wegen illegalem Aufenthalt in der Schweiz bezahlen. Sie lebt aber von Nothilfe. Das ist unmenschlich». Surber machte auf weitere Gefahren aufmerksam. «Wir müssen verhindern, dass Parallelgesellschaften entstehen. Migration heisst für mich: Wir müssen da sein. Diese Menschen werden in eine völlig neue Welt hineingeworfen.»
ra
Lade Fotos..